Lektion Fortschritt:

Kreisinterpolation mit Siemens Sinumerik

Wie wir in Lehrbrief 2 bereits erarbeitet haben, bestehen Drehteile nicht nur aus Geraden. Den Kreisformen kommt eine ebenso elementare Bedeutung zu. Lassen Sie uns an dieser Stelle die Kreisinterpolationen beim Drehen mit der Siemens Sinumerik-Steuerung näher beleuchten. Wir können, dies haben wir bereits an der Einsendeaufgabe in Lehrbrief 2 angewendet, die Kreisinterpolation nach DIN 66025 ohne Probleme anwenden. Aber wie Sie sich vorstellen können, bieten moderne Steuerungen mehrere einfachere und komfortablere Möglichkeiten als die, die wir bereits kennengelernt haben. Bevor wir nun diese kennenlernen, wiederholen wir die bereits beider DIN 66025 besprochenen Kreisinterpolationen anhand einer Übungsaufgabe.

Lernziele

Nach dem Durcharbeiten des Kapitels können Sie

  • die Kreisinterpolationen mit der Steuerung Siemens Sinumerik programmieren und anwenden,
  • unterschiedliche Möglichkeiten der Kreisinterpolation darstellen,
  • tangentialer Anschluss von Linear- und Kreiskonturen mit CNC-Befehlen programmieren und anwenden.

Übung

Übung 10

Folgenden „Radiusbolzen kurz“ werden wir in Übung 10 programmieren:

Abb. 4.1: Radiusbolzen

Sie kennen dieses Drehteil schon aus Übung 6 in Lehrbrief 2. Hier noch einige detaillierte Informationen:

  • Maschinenauswahl in SinuTrain: DEMO-Drehmaschine
  • Werkstoff: Aluminium Legierung
  • Das Rohteil hat folgende Abmaße: Ø 80 mm x 81 mm
  • Die linke Seite ist bereits fertig plangedreht und entgratet.
  • Zum Spannen werden weiche Backen, ausgedreht für Ø 80 mm, verwendet.
  • Das Werkstück ist vorzuschruppen und fertig zudrehen.
  • Die Vorbearbeitung erfolgt mit dem Abspanzyklus.
  • Die Fertigkontur ist in ein separates Unterprogramm zu programmieren.
  • Die Kreisinterpoaltionen sind nach DIN 66025 durchzuführen.
  • Führen Sie selbstständig die Arbeitsplanung durch.

Einige wichtige Dinge vorab:

Da es Bestandteil der Übungsaufgabe ist, die Arbeitsplanung selbstständig durchzuführen, lassen Sie mich nur kurz auf einige wichtige Dinge eingehen.

Als Erstes einen Hinweis zur Spannsituation. Da das Werkstück auf der linken Seite bereits fertig plangedreht ist, verwenden wir weiche Backen, in denen wir wie folgt spannen:

Abb. 4.2: Spannbacken

Dem Abstand von 2 mm vom Konturende zu den Spannbacken gilt besondere Beachtung. Dieser Abstand muss beim Spannen eingehalten werden, damit das Drehwerkzeug nicht in die Backen fährt und eine Kollision verursacht!

Die Drehwerkzeuge können wir aus den vorherigen Übungsaufgaben, wir bearbeiten wie in den Übungsaufgaben zuvor nur eine Außenkontur, übernehmen. Bei der Auswahl der Technologiedaten müssen wir andere Werte auswählen, da wir einen anderen Werkstoff, nämlich eine Aluminium-Legierung, bearbeiten. Laut unserer Tabelle liegt die Schnittgeschwindigkeit Vc zwischen 400 m/min und 600 m/min. Der Vorschub F liegt zwischen 0.1 mm/U und 0.5 mm/U. Für das Schruppen wählen wir Vc an der unteren Grenze und F an der oberen Grenze. Für die Schlichtbearbeitung wählen wir Vc an der oberen Grenze und F an der unteren Grenze. Wählen Sie die Werte bitte selbst aus. Die Schnitttiefe und Namen für das Unterprogramm und Hauptprogramm legen Sie bitte ebenfalls nach besprochenen Regeln selbst fest.

Lösungen Übung 10

Download Arbeitsplan Übung 10

Download Einrichteblatt Übung 10

Download Lösung Hauptprogramm Übung 10

Download Lösung Unterprogramm FKA Übung 10

Nachdem wir nun die Kreisprogrammierung nach DIN 66025 wiederholt und gefestigt haben, möchte ich Ihnen an dieser Stelle zeigen, welche weiterführende Möglichkeiten der Kreisprogrammierung die Siemens Sinumerik bietet.

Nachdem Sie nun die verschiedenen Möglichkeiten der Kreisprogrammierung mit Siemens Sinumerik kennengelernt haben, wollen wir dies in der nächsten Übungsaufgabe auch gleich anwenden.

Übung

Übung 11

Bei dieser Übungsaufgabe wollen wir das Werkstück aus Übung_10 mit den erlangten Kenntnissen programmieren. Da sich die Arbeitsplanung nicht ändert, können wir gleich mit dem Programmieren loslegen. Dazu legen wir in bekannter Art und Weise zuerst einen Werkstückordner im Grundmenü Programme an. Diesen Werkstückordner benennen wir mit Übung_11. In diesem Werkstückordner legen wir ein Hauptprogramm, ebenfalls mit dem Namen Übung_11, an. Weiterhin legen wir im Werkstückordner Übung_11 ein Unterprogramm mit dem Namen FKA_UE11 an. Lassen Sie uns die ersten Schritte gemeinsam programmieren. Starten Sie hierzu, wenn nicht bereits geschehen, den Editor für das Unterprogramm FKA_UE11. Hier beschreiben wir in gewohnter Art und Weise die Fertigkontur Schritt für Schritt:

Der erste Satz der Fertigkontur beinhaltet einen Kommentar mit dem Namen der Fertigkontur. Der zweite Satz beinhaltet die Positionierung des Werkzeuges.

N10; Fertigkontur Aussen Übung_11

N20 G0 X16 Z1

Im zweiten Satz fertigen wir die 45° Fase an. Wir werden natürlich im Hauptprogramm das Drehwerkzeug dementsprechend positionieren.

N30 G1 X20 Z-1

Nun verfahren wir in der Z-Achse auf unseren Radiusanfang. Da es sich um einen Viertelkreis handelt, ist die Berechnung einfach. Der Startpunkt des Kreises befindet sich in der Z-Achse bei -20 mm (Länge -30 mm + 10 mm = -20 mm). Wir programmieren also:

N40 G1 Z-20

Als Nächstes programmieren wir den Kreis. Führen wir zusammen eine Analyse durch:

Die Bewegungsrichtung des Kreises ist im Uhrzeigersinn, wir verwenden also die G-Funktion G2.

Der Endpunkt des Kreises befindet sich bei X40 (Ø 20 mm + 2x Radius 10 mm = Ø 40 mm).

Der Endpunkt des Kreises befindet sich in Z auf -30 mm.

Der Radius beträgt 10 mm und der Öffnungswinkel des Kreises ist kleiner als 180°, deshalb programmieren wir CR = 10. Der komplette Satz lautet also:

N50 G2 X40 Z-30 CR = 10

Programmieren Sie nun selbstständig die Fertigkontur und das Hauptprogramm für Übung_11 zu Ende.

Lösungen Übung 11

Download Arbeitsplan Übung 11

Download Einrichteblatt Übung 11

Download Lösung Hauptprogramm Übung 11

Download Lösung Unterprogramm FKA Übung 11

Haben Sie richtig geplant? Funktioniert das Programm? Herzlichen Glückwunsch, wir sind einen wichtigen Schritt voran gekommen.

Eine Ergänzung zur Kreisprogrammierung, die uns in der Programmiertechnik eine wesentliche Erleichterung bringt, möchte ich mit Ihnen in der nächsten Übungsaufgabe erarbeiten. Wir beschäftigen uns mit dem CNC-Befehl RND. RND ermöglicht uns das Programmieren von Kreiskonturelementen zwischen beliebig aufeinander folgenden Kreis- und Linearkonturen als tangentialen Abschluss.

Übung

Übung 12

Folgenden „Radiusbolzen lang“ werden wir in Übung 12 planen und programmieren

Abb. 4.3: Radiusbolzen lang

Hier noch ergänzende Informationen zu unserem Werkstück, das wir anfertigen wollen:

  • Maschinenauswahl in SinuTrain: DEMO-Drehmaschine.
  • Werkstoff: S235 JR
  • Das Rohteil hat folgende Abmaße: Ø 100 mm x 181 mm
  • Die linke Seite ist ist noch nicht fertig gedreht. Dies folgt in einer zweiten Aufspannung, die wir aber hier nicht berücksichtigen.
  • Das Werkstück ist vorzuschruppen und fertigzudrehen.
  • Die Vorbearbeitung erfolgt mit dem Abspanzyklus.
  • Es ist ein Werkstückordner mit dem Namen Übung_12 anzulegen.
  • Die Fertigkontur ist in ein separates Unterprogramm zu programmieren. Dieses Unterprogramm soll den Namen FKA_UE12 erhalten.

Bevor wir an dieser Stelle, wie üblich, mit der Arbeitsplanung starten, lassen Sie uns die technische Zeichnung des anzufertigenden Werkstückes analysieren. Wir werden feststellen, dass eine Koordinate fehlt, damit wir die Fertigkontur programmieren können. Diese Koordinate befindet sich beim Übergang der Geraden in die Radien R5 und R30.

Schauen wir uns dies genauer auf der Zeichnung an:

Abb. 4.4: Berechnung der Koordinate

Wie berechnen wir nun die Koordinate? Eine Lösung ist das Zusammenspiel zwischen der Berechnung der Koordinate mittels eines Dreieckes und des CNC-Befehles RND. Berechnen wir aber zuerst die Koordinate, die wir benötigen. Eine wichtige Grundlage zur Berechnung von fehlenden Koordinaten in der zerspanenden Fertigung sind Dreiecksberechnungen. Ziel ist es hierbei rechtwinklige Dreiecke zu bilden, die genügend bekannte Elemente enthalten, um die unbekannten Elemente berechnen zu können. Schauen wir an unserem Beispiel nach, ob wir ein Dreieck bilden können, in dem dies alles beinhaltet ist.

Lassen Sie mich für dieses Beispiel einmal das Dreieck vorgeben:

Abb. 4.5: Dreiecksberechnung

Grundlage für unsere Berechnung ist somit ein rechtwinkliges Dreieck, in dem zwei Seiten bekannt sind. Wie kommen wir nun auf die Werte der einzelnen Geraden und somit zu unserer fehlenden Koordinate?

Wenn wir Gerade 2 betrachten, stellen wir fest, dass diese den Radius 30 mm widerspiegelt. Das Maß der Gerade 1 beträgt somit 30 mm.

Gerade 2 ergibt sich aus der halben Differenz zwischen den Ø 50 mm und Ø 30 mm. Diese Differenz ziehen wir dann vom bekannten Radius 30 mm ab.

  • Ø 50 mm – Ø 30 mm = Ø 20 mm
  • Ø 20 mm : 2 = 10 mm
  • 30 mm -10 mm = 20 mm

Das Maß der Gerade 2 beträgt somit 20 mm.

Sind uns in einem rechtwinkligen Dreieck zwei Seiten bekannt, ist die Grundlage zur Berechnung der dritten Seite gelegt. Die dritte Seite wird über den Satz des Pythagoras berechnet. Der Satz des Pythagoras lautet wie folgt:

c2 = a2 + b2

Was bedeutet dies für unser Dreieck?

Stellen wir unser Dreieck vergrößert dar:

  • Die längste Seite in einem Dreieck ist die Hypotenuse und wird mit c bezeichnet.
  • Die beiden anderen Seiten, die sogenannten Katheten werden im Gegenuhrzeigersinn mit a und b bezeichnet.

Für unser Dreieck bedeutet das:

  • c = 30 mm
  • a = 20 mm
  • b = ?

Abb. 4.6: Rechtwinkliges Dreieck

Wir stellen somit unsere Formel nach der unbekannten Kathete b um.

Unsere Formel lautet dann:

b2 = c2 – a2

b2 = (30 mm)2 -(20 mm)2 = 900mm2 – 400 mm2 = 500 mm2

Um nun den Wert für b zu erhalten müssen wir aus b2 die Wurzel ziehen. Das Maß für b berechnet sich somit wie folgt:

Nun benötigen wir die Gerade 3 zur Berechnung unserer Koordinate. Gerade 3 berechnet sich aus dem Längenmaß 120 mm abzüglich des Radius 30 mm.

  • 120 mm -30 mm = 90 mm

Wenn wir nun von Gerade 3 unsere berechnete Dreieckskathete b abziehen, erhalten wir die fehlende Koordinate für unser Werkstück. Die Berechnung für P1 lautet somit:

  • P1 = 90 mm – 22.361 mm = 67.639

Somit haben wir unsere fehlende Koordinate berechnet. Können wir unser Werkstück nun anfertigen? Nein, eine unbekannte Koordinate ist in der technischen Zeichnung noch vorhanden. Analysieren Sie die technische Zeichnung noch einmal genau.

Abb. 4.7: Kreisanfangspunkt

Auch der Kreisanfangspunkt des Radius 12 ist nicht bekannt. Versuchen Sie nun selbst das Dreieck, das zum Anfertigen der Kontur notwendig ist, zu finden und zeichnen Sie es ein. Bestimmen Sie anschließend die gegebenen Seiten und führen Sie die Berechnung der Koordinate durch.

Hier noch eine Hilfestellung:

Wenn Sie alles richtig berechnet haben, lautet die Koordinate P2:

P2 = 39.266 mm

Alles richtig berechnet? Dann führen Sie bitte selbstständig das Erstellen des Einrichteblattes und die Arbeitsplanung durch.

Hier noch ein wichtiger Hinweis zur Auswahl der Werkzeuge:

Wichtig bei der Auswahl des Werkzeuges ist bei dieser Kontur, dass wir ein Drehwerkzeug auswählen, das genügend Platz zwischen Schneide und Formkontur beim Eintauchen zur Verfügung stellt. Das heißt, es muss für einen Hinterschnitt geeignet sein. Folgende Bilder sollen Ihnen dies noch einmal verdeutlichen.

Wird der Eckenwinkel und der Freiwinkel der Wendeschneidplatte zu groß gewählt, läuft das Werkzeug an die Kontur an und schabt den Werkstoff ab. Es entsteht ein Konturfehler.

Abb. 4.8: Werkzeugauswahl

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