Fräsen – Arbeitsplanung – Teil 4

Positionierlogik und Positioniervorgang

Jetzt können wir das Werkzeug positionieren. Wie positionieren Sie jetzt den Fräser an Ihrem Werkstück?

Das hängt von der jeweiligen Maschine und der dortigen Umsetzung der Achsbewegungen im Eilgang ab. An der Fräsmaschine sind mindestens drei Achsen vorhanden. Für deren Bewegung gibt es im Prinzip zwei Vorgehensweisen beim Positionieren. Die erste Vorgehensweise sieht folgendermaßen aus:

Alle Achsen positionieren gleichzeitig, das heißt, das Werkzeug bewegt sich auf einer diagonalen Linie im Arbeitsraum. Dann ist beim seitlichen, tiefen Anstellen an das Werkstück, ein Hilfspunkt über der Oberfläche zu programmieren. Anschließend wird in einem weiteren Satz nur in der Tiefe zugestellt. Wird diese Reihenfolge nicht beachtet, kommt es zur Kollision mit dem Werkstück. In nachfolgender Grafik ist dies mit der Strichlinie dargestellt.

Abb. 4.21: Positionierlogik

Bei der zweiten Vorgehensweise verfügt die Maschine über eine sogenannte Positionierlogik. Dabei wird beim Zustellen an das Werkstück zuerst in der X- und Y-Achse positioniert, dann erfolgt das Verfahren der Z-Achse. Diese Reihenfolge wird eingehalten, obwohl alle drei Achsen im selben Satz programmiert sind. Ist die Zielposition über der aktuellen Position, wird zuerst die Z-Achse hochgezogen. Anschließend bewegen sich die X- und Y-Achse.

Bei unserer angewendeten Fräsmaschine finden wir keine Positionierlogik vor. Dies bedeutet, wir positionieren zuerst die X-Achse und die Y-Achse gemeinsam und anschließend die Zustellachse Z. Anschließend müssen wir die Werkzeugradiuskorrektur aktivieren. Hier noch einige Erläuterungen zur Vorgehensweise beim Anstellen des Fräsers an das Werkstück.

Das Anstellen des Fräswerkzeuges an das Werkstück erfolgt im Eilgang und ist somit auf den Fräsermittelpunkt bezogen. Wir positionieren das Werkzeug, wenn immer möglich, außerhalb des Werkstückes. Anschließend aktivieren wir die Werkzeugradiuskorrektur mit G41 oder G42. Die anschließende Bewegung zum Anfahren an die Kontur erfolgt in einer geradlinigen oder kreisförmigen Vorschubbewegung. Diese Bewegung beinhaltet auch eine Ausgleichsbewegung des Fräswerkzeuges, um das Werkzeug vom Fräsermittelpunkt auf den Fräserradius zu stellen. Anschließend wird die Kontur programmiert. Nach Bearbeitung der Kontur wird die Werkzeugradius- korrektur mit G40 wieder deaktiviert. Dies geschieht, wenn möglich auch außerhalb des Werkstückes. Erst mit diesem Hintergrundwissen können wir die Position für die X-Achse und Y-Achse, auf die wir das Fräswerkzeug positionieren wollen, errechnen. Wir berechnen die Position zum Anstellen des Fräswerkzeuges an das Werkstück wie folgt:

Fräserradius + Sicherheitsabstand + Verfahrweg für die Ausgleichsbewegung

Auf unsere Übungsaufgabe bezogen sieht dieser Vorgang schematisch dargestellt folgendermaßen aus:

Abb. 4.22: Bearbeitungsablauf Übung 16 Fräswerkstück

Laut den „Anstell-Regeln“ ergeben sich folgende Koordinaten:

Zielposition P2 100 mm (Gesamtlänge des Werkstückes 120 m – Breite des Absatzes 20 mm) + Fräserradius 12.5 mm + Verfahrweg 5 mm = 117.5 mm

Aufgrund der Lage des Werkstücknullpunktes ist das Vorzeichen für die X-Koordinate negativ. Wir positionieren also in der X-Achse auf X-117.5 mm.

Zielposition P2 in Y 40 mm + Fräserradius + Sicherheitsabstand 5 mm = 40 mm + 12.5 mm + 5 mm = 57.5 mm

Auch hier ist aufgrund der Lage des Werkstücknullpunktes das Vorzeichen der Y- Koordinate negativ – Wir positionieren also in der Y-Achse auf Y-57.5 mm.

Fehlt uns nur noch die Positionierung in der Zustellachse Z. Da bei unserer Übungsaufgabe der Absatz, den wir anfertigen, bereits vorgefertigt ist und wir uns außerhalb des Werkstückes befinden, können wir gleich auf das Fertigmaß, also Z-15, positionieren. Das hört sich alles ein wenig kompliziert an, aber Sie werden sehen, wenn Sie diesen Vorgang öfters geübt haben, stellt er auch kein größeres Problem mehr dar. Programmieren wir nun die Programmsätze für das Positionieren des Schaftfräsers:

N110 G0 X-117.5 Y-57.5

N120 G0 Z-15

Wie bereits bei den Erläuterungen des Positioniervorganges erklärt, schalten wir nach dem Positionieren die Werkzeugradiuskorrektur ein. Benötigen wir G41 (Gleichlauffräsen) oder G42 (Gegenlauffräsen)? Betrachten wir die Bearbeitungsrichtung und in Abhängigkeit hierzu die Lage des Fräsers zur Fertigkontur. Dieser befindet sich somit links der Fertigkontur. Wir benötigen also G41. Satz N120 lautet demnach:

N130 G41

Anschließend fahren wir in geradliniger Vorschubbewegung in der X-Achse auf die Zielposition P2. Diese Zielposition liegt in der X-Achse auf -100 mm. Bei dieser Verfahrbewegung führt das Werkzeug die beschriebene Ausgleichsbewegung aus. Ab jetzt ist der Bezug des Fräswerkzeuges nicht mehr auf den Fräsermittelpunkt sondern auf den Fräserradius bezogen. Wir programmieren:

N140 G1 X-100

Wie sieht die Zielposition in diesem nächsten Satz aus? Es ist der Punkt P3, welcher erreicht werden soll. Auch hier soll um den Fräserradius plus einen Sicherheitsabstand (hier 5 mm) über die Werkstückkante verfahren werden. Damit schneidet der Fräser mit den Stirnschneiden nicht mehr am Grund. Er ist wieder vollkommen aus dem Werkstück „heraus gefahren“.

Wir berechnen Zielpunkt P3 in der Y-Achse folgendermaßen:

Werkstückkante + Fräserradius + Sicherheitsabstand 5 mm

Bei der Angabe der Werkstückkante ist wieder die Lage des Werkstücknullpunktes zu beachten. Die Werkstückkante liegt in der Y-Achse bei 40 mm im positiven Bereich.

Wir rechnen somit mit den Werten:

P3 in der Y-Achse = 40 mm + 12.5 mm + 5 mm = 57.5 mm

Die Verfahrbewegung wird in geradliniger Vorschubbewegung durchgeführt, das Werkzeug befindet sich jetzt im Eingriff. Wir programmieren:

N150 G1 Y57.5

Da die Kontur dieses Absatzes nun komplett bearbeitet ist, muss jetzt die Werkzeugradiuskorrektur mit G40 wieder abgewählt werden. Sie müssen sich angewöhnen, dies bei jeder Konturbeschreibung so einzuhalten. Wenn die Kontur bearbeitet ist, muss die Werkzeugradiuskorrektur sofort abgeschaltet werden. Für das Weiterarbeiten mit demselben Werkzeug an einer anderen Kontur ist wieder neu zu positionieren und die Werkzeugradiuskorrektur anzuwählen. Der nächste Satz heißt:

N160 G40

Im nächsten Satz fahren wir unseren Werkzeugwechselpunkt mit dem dementsprechenden Programm an. Anschließend programmieren wir den Kommentar aus unserem Arbeitsplan. Danach wechseln wir das Werkzeug für die Kontur ein. Dies geschieht, wie gelernt, mit dem Befehl T = „Schaftfr_16“. Initialisiert wird der Werkzeugwechsel mit M6. Der nächste Programmabschnitt sieht folgendermaßen aus:

N170 WWP

N180; Anfertigen Kontur Tiefe 10 mm mit Schaftfräser Ø 16 mm

N190 T=“SCHAFTFR_16“

N200 M6

Jetzt folgt in gewohnter Weise die Technologiezeile. Diese beinhaltet die G-Funktion G97 für die konstante Drehzahl. Weiterhin wird die Drehzahl S3186, die Vorschubgeschwindigkeit F1591 sowie die Spindeldrehrichtung mit M3 angegeben. Da wir im Unterprogramm das Kühlschmiermittel ausgeschalten haben, müssen wir es mit M8 wieder einschalten. Die Technologiezeile lautet demnach:

N210 G97 S3186 F1591 M3 M8

Bevor wir im nächsten Satz den Positioniervorgang für das Werkzeug programmieren, lassen Sie uns noch einmal die Kontur analysieren, die wir hier programmieren sollen.

Beurteilen wir zuerst welche Werkzeugradiuskorrektur wir anwenden müssen. Wenn wir die Vorschubrichtung und in Bezug zu dieser das Werkzeug zur Fertigkontur betrachten, stellen wir fest, dass sich das Werkzeug in Vorschubrichtung links neben der Kontur befindet.

Abb. 4.23: Bearbeitungsablauf Übung 16 Fräswerkstück

Nachdem wir dies geklärt haben, wird der Positioniervorgang durchgeführt. Wir positionieren den eingewechselten Schaftfräser auf P1, anschließend schalten wir die Werkzeugradiuskorrektur G41 ein. Als nächstes wird das Werkzeug auf Vorschubgeschwindigkeit P2 gefahren. Beim Programmieren lassen wir den Punkt P3 aus und bewegen das Werkzeug mit der Anstellgeraden sofort auf P4. Den Grund hierfür soll Ihnen folgende Grafik zeigen: Wie wir in dieser Vergrößerung sehen, ist zwischen P3 und P4 eine Gerade. Diese Gerade können wir natürlich auch rechnerisch ermitteln (Hälfte der Werkstückbreite – Hälfte der Konturbreite – Radius = 40 mm – 30 mm – 9 mm = 1 mm). Diese Gerade wird auch angefertigt, wenn wir direkt von P2 auf P4 verfahren

Da unser Werkstück symmetrisch ist, haben wir den gleichen Vorgang auch beim Ausfahren aus der Kontur bei P11. Auch hier können wir direkt von P11 auf P13 verfahren.

Abb. 4.24: Bearbeitungsablauf Übung 16 Fräswerkstück

Abb. 4.25: Bearbeitungsablauf Übung 16 Fräswerkstück

Fahren wir nun mit der Positionierung des Werkzeuges auf P1 fort. Bei den Berechnungen müssen wir natürlich wieder die Lage des Werkstücknullpunktes berücksichtigen.

Berechnen wir zuerst P1 in der X-Achse. Da wir dieses mal von der anderen Seite auf den angegebenen Startpunkt fahren, müssen wir P1 wie folgt berechnen:

P1 in X = Zielposition P2 70 mm – Fräserradius 8 mm – Verfahrweg 5 mm = 57 mm

Aufgrund der Lage des Werkstücknullpunktes, müssen wir die Koordinate in X- Richtung wieder negativ angeben. Die Zielkoordinate für P1 in X heißt demnach X-57. Berechnen wir nun P1 in der Y-Achse. Wir gehen folgendermaßen vor:

P1 in Y Werkstückkante 40 mm + Fräserradius 8 mm + Sicherheitsabstand 5 mm = 53 mm

Da P1 in der Y-Achse im positiven Bereich liegt, heißt die Zielkoordinate für P1 Y53.

Die Zielkoordinate für P1 in der Zustellachse Z ist wiederum die Tiefe der Kontur. Wir können direkt auf diese Tiefe Positionieren, da diese Kontur, wie in der Aufgabenstellung angegeben, vorbearbeitet ist. Da wir bei unserer virtuellen Maschine keine so genannte Positionierlogik verwenden, positionieren wir zuerst die Achsen X und Y und anschließend die Zustellachse Z. Wir programmieren also zum Positionieren

N220 G0 X-57 Y53

N230 G0 Z-10

Nachdem wir das Werkzeug positioniert haben, folgt nun das Einschalten der Werkzeugradiuskorrektur. Dies geschieht, wie bei der Analyse der Kontur schon definiert, mit G41. Anschließend verfahren wir das Werkzeug in geradliniger Vorschubbewegung auf P2. P2 liegt laut der technischen Zeichnung bei X-70. Bei diesem Verfahrweg wird gleichzeitig die Ausgleichsbewegung des Werkzeuges durchgeführt. Der Bezugspunkt wird vom Werkzeugmittelpunkt auf den Werkzeugradius gelegt. Das sich nur die Position in der X-Achse ändert, programmieren wir folgende Inhalte:

N240 G41

N250 G1 X-70

Nachdem wir positioniert haben, fahren wir die erste Konturkoordinate an. Diese ist wie besprochen P4. Dieser Verfahrweg wird mit geradliniger Vorschubbewegung durchgeführt, da unser Werkzeug ab jetzt im Eingriff ist. Da P4 auch gleichzeitig der Startpunkt für das folgende Kreiselement ist, berechnen wir diese Koordinate für die Y-Achse wie folgt:

Hälfte der Konturbreite 30 mm + Radius 9 mm = 39 mm

Aufgrund der Lage des Werkstücknullpunktes ist die Lage der Koordinate in Y in positiver Richtung. Wir programmieren demnach:

N260 G1 Y39