Lektion Fortschritt:

Zentrieren, Bohren, Gewindeschneiden mit Siemens Sinumerik – Teil 3

Nachdem wir alle nötigen Werkzeuge festgelegt haben, überlegen wir uns nun, wie wir das Werkstück spannen. Das Rohteil hat die Abmaße 90 × 110 × 30. Die Backenhöhe des Schraubstockes beträgt 30 mm. Die größte zu bearbeitende Tiefe ist 10 mm. Da die Werkstückdicke 20 mm misst, muss die Einspanntiefe kleiner als 10 mm sein. Eine Unterlagenhöhe von z. B. 22 mm ist hier richtig.

Legen wir nun die Definition Rohteil virtuelle Maschine fest. Wie bereits erwähnt, bestimmen wir mit der Definition der Eckpunkte 1 und 2 das Rohteil sowie die Nullpunktlage des Werkstückes für unsere vertikale Fräsmaschine in SinuTrain. Bestimmen wir die Eckpunkte 1 und 2 noch einmal zusammen, da die Nullpunktlage in der Z-Achse die Besonderheit aufweist, dass der Nullpunkt nicht auf der Werkstückoberfläche liegt, sondern in 10 mm Tiefe.

Übertragen Sie nun alle durchgesprochenen Daten in das Einrichteblatt.

Nachdem wir alle Werkzeuge und die Spannsituation festgelegt haben, fahren wir nun mit dem Arbeitsplan fort.

Pos.-Nr. 1 und Pos.-Nr. 2 definieren unsere Standardarbeitsschritte. Bei Pos.-Nr. 1 kontrollieren wir die Rohmaße des Rohteils. Bei Pos.-Nr. 2 wird das Werkstück nach Einspannskizze gespannt.

Abb. 3.14: Eckpunktfestlegung

Eckpunkt 1 befindet sich, bezogen auf unseren festgelegten Werkstücknullpunkt, in:
X0 = 0
Y0 = 0
ZA = 10

Eckpunkt 2 befindet sich, ebenfalls bezogen auf den festgelegten Werkstücknullpunkt, bei:
X1 = 90
Y1 = 110
ZI = -20

Nachdem wir das Werkstück sachgemäß gespannt haben, fertigen wir bei Pos.- Nr. 3 die Außenkontur mit einem Aufmaß von 2 mm an. Die Technologiedaten für den eingesetzten Eckfräser sind, wie bei vielen Werkzeugen, vom Werkzeughersteller abhängig. Sie merken, je weiter wir in die verschiedenen Technologien Fräsen und Drehen eintauchen, desto spezieller werden die Werkzeuge. Bei Verwendung von speziellen Werkzeugen müssen wir deshalb immer auf die Technologiedaten der Werkzeughersteller zurückgreifen. Die Tabellen aus den verschiedenen Tabellenbüchern liefern eine solide Grundlage, wir müssen aber immer den wirtschaftlichen Grundsatz in unsere Programmiertätigkeit mit einbeziehen. Hierbei ist die optimale Ausnutzung der Leistungsfähigkeit der Werkzeuge ein wesentlicher Faktor. Diese optimale Ausnutzung der Leistung der Werkzeuge ist nur mittels der Technologieangaben der Werkzeughersteller möglich. Deshalb gebe ich Ihnen die Technologiedaten für unseren angewendeten Fräser laut Herstellerangabe für diese Übungsaufgabe vor.

Als Anhaltspunkt für diese Werte befindet sich die Tabelle für dieses Werkzeug im Anhang dieses Lehrbriefes.

Welche??

Die Schnittgeschwindigkeit Vc beträgt 200 m/min und der Vorschubwert je Zahn fz = 0.18 mm. Berechnen Sie anhand dieser Technologiedaten nun die Drehzahl und die Vorschubgeschwindigkeit für die Vorbearbeitung bitte selbstständig. Ist die Außenkontur vorbearbeitet, bearbeiten wir diese Kontur unter Pos.-Nr. 4 fertig. Dies geschieht ebenfalls mit einem Eckfräser 90°. Die Technologiedaten des Herstellers für die Schnittgeschwindigkeit und den Vorschubwert je Zahn gebe ich Ihnen wegen bekannter Begründung ebenfalls wieder vor. Vc beträgt für die Fertigbearbeitung 270 m/min und der Vorschubwert je Zahn fz = 0.10 mm.

Auch hier berechnen Sie die fehlenden Technologiedaten bitte selbstständig.

Nachdem wir die Außenkontur nun vor und fertig bearbeitet haben, fahren wir nun mit der ersten Bohrbearbeitung in unserem Arbeitsplan fort. Die erste Bohrbearbeitung stellt das Zentrieren dar. Hier ist die Nummerierung der Bohrungen, die wir bei der Analyse der technischen Zeichnung vorgenommen haben, von elementarer Bedeutung. Wie bereits bei dieser Analyse besprochen, können nur Zentrierungen und auch die anderen Bohrungen in einem Arbeitsgang über den entsprechenden Bohrzyklus programmiert werden, wenn sie die gleiche Referenzebene und die gleiche Senktiefe aufweisen. Es ergibt sich somit folgender Arbeitsablauf für die Herstellung der verschiedenen Zentrierungen und Bohrungen:

  • Als Erstes fertigen wir die Zentrierungen für die Bohrungen 1 und 2 an.

  • Als Nächstes folgen die Zentrierungen für die Bohrungen 6 bis 9. Diese Bohrungen weisen die gleiche Senktiefe wie die Bohrungen 1 und 2 auf, liegen aber auf einer anderen Referenzebene.

  • Nun folgen die Zentrierungen für die Bohrungen 3 bis 5. Diese Bohrungen weisen eine andere Senktiefe als die vorhergehenden Bohrungen auf.

  • Die Bohrungen 10 bis 15 werden als Letztes zentriert.

Diese Vorgehensweise ist nur als Vorschlag meinerseits zu betrachten, natürlich können diese Arbeitsgänge auch auf eine andere Art durchgeführt werden. Gehen wir nun in unserem Arbeitsplan genauer auf die einzelnen Arbeitsschritte ein.

Beginnen wir bei Pos.-Nr. 5 mit dem Zentrieren der Gewindebohrungen 1 und 2. Die Koordinaten werden im Unterprogramm BOHRBILD_1 programmiert. Bei den Gewindebohrungen 1 und 2 handelt es sich um Gewindebohrungen der Nenngröße M6. Wie groß muss hier die Fase hergestellt werden? Eine Bemaßung der herzustellenden Fase liegt bei Gewinden nicht vor, deshalb wenden wir folgende Faustformel bei der Herstellung der Fasen für Gewindebohrungen an:

Die Größe des zu senkenden Durchmessers soll 10 % größer sein als der Nenndurchmesser des herzustellenden Gewindes.

Auf unser Übungsbeispiel bezogen bedeutet dies bei einem Nenndurchmesser von M6 einen Senkdurchmesser von 6.6 mm.

Senkdurchmesser D für M6 Gewinde = Nenn Ø 6 mm + 0.6 mm (10 % des Nenndurchmessers) = 6.6 mm

Somit ergibt sich aus der Geometrie dieses Dreiecks, welches wir bei der Analyse der technischen Zeichnung ausführlich besprochen haben, die Senktiefe t folgendermaßen:

t = D:2 = 6.6 mm : 2 = 3.3 mm

Die Technologiedaten bestimmen wir nach folgender Vorgehensweise:

Der zu zentrierende Durchmesser ist Basis für die Berechnung der Drehzahl. Die Werte für die Schnittgeschwindigkeit Vc und der Vorschubgeschwindigkeit Vf des NC-Anbohrers müssen wir aus herstellerspezifischen Tabellen auswählen.

Ich gebe Ihnen folgende Werte vor:

Vc = 80 m/min und Vf = 580 mm/min

Berechnen Sie den Technologiewert für die Drehzahl bitte selbstständig.

Nachdem wir bei Pos.-Nr. 5 die Bohrungen 1 und 2 zentriert und gesenkt haben, fahren wir bei Pos.-Nr. 6 mit den Gewindebohrungen 6 bis 9 ebenfalls mit dem Zentrieren und Senken fort. Diese Bohrungen sind ebenfalls M6 Gewinde, deshalb müssen wir die Senktiefe für diese Bohrungen nicht neu berechnen. Die Koordinaten für diese Bohrungen werden im Unterprogramm BOHRBILD_2 programmiert. Auch die Technologiedaten können wir vom vorherigen Arbeitsgang übernehmen.

Einzig auf die Referenzebene muss geachtet werden. Aber dazu mehr, wenn wir unsere Übungsaufgabe gemeinsam programmieren.

Bei Pos.-Nr. 7 zentrieren und senken wir die Bohrungen 3 bis 5. Diese Bohrungen weisen einen Ø von 6 mm auf und sollen laut Aufgabenstellung mit einer Fase von 0.5 mm × 45° versehen werden. Die Koordinaten für diese Bohrungen sind im Unterprogramm BOHRBILD_3 programmiert.

Berechnen wir die Senktiefe t gemeinsam.

Senkdurchmesser D für Bohrungen Ø 6 mm = Größe der anzufertigenden Bohrung + 2 × Größe der Fase

Senkdurchmesser D für Bohrungen Ø 6 mm = Ø 6 mm + 2 × 0.5 mm = 7 mm

Somit ergibt sich folgende Senktiefe t:

t = D:2 = Ø 7 mm : 2 = 3.5 mm

Auch hier können wir die Technologiewerte aus den vorherigen Zentriervorgängen übernehmen, da hier ein geringer Durchmesserunterschied von 1 mm vorliegt.

Im Anschluss an das Zentrieren und Senken der Bohrungen 3 bis 5 findet bei Arbeitsschritt Pos.-Nr. 8 das Zentrieren und Senken der Bohrungen 10 bis 15 statt. Die Koordinaten dieser Bohrungen werden in BOHRBILD_4 programmiert. Senktiefe und Technologiedaten können von Arbeitsschritt Pos.-Nr. 7 übernommen werden.

Jetzt sind alle Bohrungen und Gewindebohrungen zentriert und mit den erforderlichen Fasen versehen. Somit fahren wir bei Pos.-Nr. 9 mit den entsprechenden Bohrarbeiten fort. Halten wir uns an die gleiche Reihenfolge wie beim Zentrieren und Senken. Damit fertigen wir bei diesem Arbeitsschritt die Kernlochbohrungen für M6 Gewindebohrungen 1 und 2 mit Ø 5 mm an (BOHRBILD_1). Diese Bohrbearbeitung findet, wie beim Einrichteblatt bereits festgelegt, mit einem HSS-Bohrer Ø 5 mm statt. Bohrbearbeitungen finden immer unter konstanter Drehzahl, G97, statt. Das Berechnen der Drehzahl für die Bohrbearbeitung dürfte kein größeres Problem mehr darstellen, schließlich haben wir diese Berechnungen bei der Technologie Drehen und beim Zentrieren schon durchgeführt. Bestimmen wir zuerst die Werte für die Schnittgeschwindigkeit Vc und für den Vorschub je Umdrehung f aus folgender Tabelle gemeinsam:

Abb. 3.15: Schnittgeschwindigkeit

  • Da wir mit S235JR einen unlegierten Baustahl bearbeiten, können wir den Wert für die Schnittgeschwindigkeit Vc zwischen 25 m/min und 35 m/min wählen. Wir wählen die goldene Mitte, damit wir noch Spielraum für etwaige Anpassungen nach unten oder oben haben. Wir wählen also Vc= 30 m/min.

  • Den Wert für den Vorschub f wählen wir wie folgt: unser Bohrdurchmesser beträgt 5 mm. Dieser Durchmesser ist hier nicht explizit aufgeführt, deshalb wählen wir den Mittelwert der Werte der Bohrdurchmesser von Ø 4 mm und Ø 6 mm. Der Mittelwert beträgt 0.11 mm/U.

Berechnen Sie nun die Werte für die Drehzahl und für die Vorschubgeschwindigkeit Vf nach folgenden Formeln bitte selbstständig:

Wenn Sie alles richtig umgesetzt haben, müssten Sie folgende Werte berechnet haben:

n ~ 1910 U/min

Vf ~ 210 mm/min