Graphisch unterstütztes Programmieren mit ShopMill und ShopTurn – Teil 1

Lernziele

Nach dem Durcharbeiten des Kapitels kennen Sie:

  • die grafisch unterstützte Programmierung

Nach dem Durcharbeiten des Kapitels können Sie:

  • einfache Fräswerkstücke mit ShopMill programmieren.
  • einfache Drehwerkstücke mit ShopTurn programmieren.

Grafisch unterstütztes Programmieren ist Ihnen aus den Begriffsbestimmungen aus Lehrbrief 1 bereits ohne weitere Vertiefungen bekannt.

Deshalb gehen wir in diesem Kapitel noch einmal sehr intensiv auf dieses Thema ein. Das grafisch unterstützte, werkstattorientierte Programmieren nimmt einen immer höheren Stellenwert in der CNC-Technik ein. Grafisch unterstützte Programmiersysteme arbeiten mit „Grafischen Benutzeroberflächen“. Die notwendigen Informationen werden grafisch – interaktiv eingegeben. Werkstückgeometrie und Bearbeitungsablauf sind vorerst voneinander getrennt. Nach der Beschreibung des Werkstückes folgt die Planung der Bearbeitung mit den entsprechenden technologischen Informationen.

Solche Systeme orientieren sich an folgenden Kriterien:

  • einheitliche Benutzeroberfläche für die verschiedenen Fertigungsverfahren

  • steuerungsunabhängige Programmierung

  • grafische Eingabe

  • grafisch-dynamische Simulation des Bearbeitungsprozesses

  • einheitliches System für Werkstatt und Arbeitsvorbereitung

  • strikte Trennung von Geometrie und Bearbeitungsablauf, sowie Technologie (Drehen oder Fräsen)

Viele Steuerungen beinhalten mittlerweile die grafische Programmierung und erleichtern so die Arbeit des Facharbeiters. Auch die Siemens Sinumerik bietet für die Technologien Drehen und Fräsen grafisch unterstütze Benutzeroberflächen an. Diese wären:

Beide Benutzeroberflächen haben wir bereits bei der G-Code-Programmierung in Zusammenhang mit der entsprechenden Maschine in SinuTrain Operate kennengelernt. In diesem Kapitel werden wir diese Benutzeroberflächen mit den jeweiligen Programmtechniken ShopMill-Programm und ShopTurn-Programm kennenlernen. Bevor wir die einzelnen Programme mit ShopMill bzw. ShopTurn bearbeiten, hier noch einige Vorteile der grafisch unterstützen Programmierung:

Vorteile, wenn Sie mit ShopMill und ShopTurn arbeiten

 Sie sparen Einarbeitungszeit …

  • weil es in ShopMill und ShopTurn keine Codierungen und keine fremdsprachlichen Begriffe gibt, die Sie lernen müssten: alle notwendigen Eingaben werden im Klartext abgefragt.

  • weil Sie bei ShopMill und ShopTurn durch farbige Hilfebilder optimal unterstützt werden.

  • weil Sie in den grafischen Arbeitsplan von ShopMill und ShopTurn und auch DIN/ISO-Befehle integrieren können.

  • weil Sie beim Anlegen des Arbeitsplanes jederzeit zwischen dem einzelnen Arbeitsschritt und der Werkstück-Grafik umschalten können.

Sie sparen Programmierzeit …

  • weil Sie ShopMill und ShopTurn schon bei der Eingabe der technologischen Werte optimal unterstützt: Sie brauchen nur die Tabellenbuchwerte Vorschub/ Zahn und Schnittgeschwindigkeit eingeben – die Drehzahl und die Vorschubgeschwindigkeit berechnet ShopMill und ShopTurn automatisch.

  • weil Sie bei ShopMill und ShopTurn mit einem Arbeitsschritt eine komplette Bearbeitung beschreiben können und die erforderlichen Positionierbewegungen (hier vom Werkzeug-Wechselpunkt zum Werkstück und zurück) automatisch erzeugt werden.

  • weil im grafischen Arbeitsplan von ShopMill und ShopTurn alle Bearbeitungsschritte in kompakter und übersichtlicher Weise dargestellt werden. Dadurch haben Sie einen kompletten Überblick und somit bessere Editiermöglichkeiten auch bei umfangreichen Fertigungsfolgen.

  • weil sich beim Bohren mehrere Bearbeitungsoperationen mit mehreren Positionsmustern verketten lassen und nicht wiederholt aufgerufen werden müssen.

  • weil der integrierte Konturrechner alle erdenklichen Bemaßungen verarbeiten kann und trotzdem sehr einfach und übersichtlich in der Handhabung ist – dank umgangssprachlicher Eingabe und Grafikunterstützung.

  • weil Sie zwischen statischen Hilfebildern und dynamischen Online-Grafiken jederzeit mit einer Taste wechseln können. Die Online-Grafik gibt Ihnen eine unmittelbare visuelle Kontrolle der eingegebenen Werte.

  • weil Arbeitsplan erstellen und fertigen sich nicht gegenseitig ausschließen: Sie können mit ShopMill und ShopTurn parallel zur Fertigung einen neuen Arbeitsplan erstellen.

Nachdem Sie nun alle Vorteile dieser Art der Programmierung kennen, werden an dieser Stelle noch einige grundlegende Hinweise angemerkt. Grafisch unterstütztes Programmieren ist ohne grundlegende Kenntnisse der CNC-Technik, welche wir in den ersten 5 Lehrbriefen und in Teilen von Lehrbrief 6 gelernt haben, nicht möglich. Schließlich muss ein Facharbeiter bzw. eine CNC-Fachkraft Programme interpretieren und evtl. auch auf anderen Steuerungen anwenden können, dies ist mit grafisch unterstützter Programmierung schlecht bzw. gar nicht möglich. Auch findet das grafisch unterstützte Programmieren hauptsächlich in der Einzelteilfertigung Anwendung. Bei Großserien und speziellen Maschinentypen wird weiterhin die G-Code Programmierung angewendet. Es finden also beide Programmiertechniken auch in Zukunft Anwendung. Beginnen wir nun mit der Programmierung eines Fräswerkstückes mit ShopMill.

Grafisch unterstütztes Programmieren mit ShopMill

Bevor wir mit dem Programmieren loslegen, hier noch einige Anmerkungen zur Vorgehensweise, wie wir die Übungsaufgaben erarbeiten werden:

  • Auf den folgenden Seiten kommen zwei Übungsaufgaben zur Anwendung die auf der Grundlage einer von Siemens erstellten Lernunterlage entstammen.

  • Bei diesen Übungsaufgaben soll nicht die Arbeitsplanung einen Schwerpunkt bilden, sondern das graphisch unterstütze Programmieren, deshalb werden die Daten teilweise durch mich vorgegeben, ohne das näher darauf eingegangen wird

  • Wir werden wie gewohnt zuerst eine komplette Arbeitsplanung durchführen und anschließend das Werkstück bearbeiten.

  • Die Simulation wird mit der vertikalen Fräsmaschine mit Schwenktisch in SinuTrain Operate 4.4 Maschine durchgeführt.

So nun legen wir aber mit dem Programmieren los.

Übung

Übung 22

Folgendes Fräswerkstück werden wir mit ShopMill anfertigen:

Abb. 3.1: Technische Zeichnung

Abb. 3.2: Längsführung

Arbeitsplanung Übung 22 Längsführung

Beginnen wir bei der Arbeitsplanung mit der Auswahl der Werkzeuge für die Längsführung. Für das Anfertigen der Innenkontur ist je eine Vor- und eine Fertigbearbeitung vorgesehen. Die Vorbearbeitung sieht vor, die Innenkontur auf eine Breite von 60 mm vorzuschruppen. Für die Vorbearbeitung ist ein Fräser mit Ø 60 mm geplant, damit nur ein Schnitt gemacht werden muss. Die Fertigbearbeitung findet mit einem Fräser Ø 16 mm statt. Folgende Werkzeuge wählen wir aus:

Innenkontur vorbearbeiten:

Station1 – Fräser Ø 60 mm – HM – FRAESER_60 Schneidenanzahl: 6

Innenkontur fertigbearbeiten:

Station2 – FRÄSER Ø 16 mm – HM – FRAESER_16 Schneidenanzahl: 4

Für das Zentrieren wird ein NC-Anbohrer mit Ø 12 mm verwendet. Das anschließende Bohren der Kernlochbohrungen für alle M10 Gewinde erfolgt mit einem Spiralbohrer aus HSS mit Ø 8.5 mm. Das Bohren der Bohrungen mit Ø 10 mm erfolgt ebenfalls mit einem Spiralbohrer aus HSS, allerdings mit Ø 10 mm. Das Gewindebohren erfolgt mit einem Gewindebohrer M10. Wir wählen folgende Werkzeuge

Zentrieren aller Bohrungen:

Station3 – NC-Anbohrer Ø 12 mm – HM – ANBOHRER_12

Bohren, Kernlochbohrungen für M10–Gewinde:

Station4 – Spiralbohrer Ø 8.5 mm – HSS – SPIBO_8.5

Bohren, Gewindebohrungen M10:

Station5 – Gewindebohrer M10 – HSS – GEWBO_ M10

Bohren, Bohrungen Ø 10 mm:

Station6 – Spiralbohrer Ø 10 mm – HSS –SPIBO_10

Nach der Auswahl der Werkzeuge legen wir nun das Rohteil und den Nullpunkt fest. Die Angaben für den Eckpunkt 1 legen wir wie folgt fest:

X0 = -75
Y0 = -50
ZA = 0

Die Abmaße für Eckpunkt 2 in absoluter Maßangabe lauten:

X1 = 75 (Abmaß für die Länge)
Y1 = 50 (Abmaß für die Breite)
Z1 = -20 (Abmaß für die Dicke)

Wo und wie diese Werte eingegeben werden, erfahren Sie bei der Programmerstellung des Werkstückes.

Übertragen Sie nun diese Werte in das Einrichteblatt.

Führen wir nun die Arbeitsplanung durch. Ich werde Ihnen die Technologiedaten und die Arbeitsfolge aus vorher schon benannten Gründen vorgeben.

Pos.-Nr. 1 und Pos.-Nr. 2 definieren unsere Standardarbeitsschritte. Bei Pos.-Nr. 1 kontrollieren wir die Rohmaße des Rohteils. Bei Pos.-Nr. 2 wird das Werkstück nach Einspannskizze gespannt.

Nachdem wir das Werkstück sachgemäß gespannt haben, führen wir bei Pos.-Nr. 3 die Vorbearbeitung der Innenkontur durch. Wir berücksichtigen ein Aufmaß von 1 mm in der Y-Achse. Folgende Technologiewerte werden für den verwendeten Fräser, FRÄSER_60, angenommen: Vc = 80 m/min; Vf =400 mm/min. Eine weitere Berechnung der Technologiewerte ist nicht vorgesehen, da uns ShopMill ermöglicht, diese Werte in der Eingabemaske anzugeben. Die Steuerung errechnet sich die Drehzahl n dann selbstständig. Wo und wie diese Werte eingegeben werden erfahren Sie wiederum bei der Programmierung des Werkstückes.

Im Anschluss an die Vorbearbeitung erfolgt bei Pos.-Nr. 4 die Fertigbearbeitung der Innenkontur mit FRÄSER_16. Hier sind folgende Technologiewerte bestimmt: Vc = 100 m/min, Vf = 400 mm/min.

Nachdem wir die Innenkontur nun fertig hergestellt haben, fahren wir bei Pos.-Nr. 5 mit dem Zentrieren aller Bohrungen fort. Dabei ist auf die unterschiedlichen Senktiefen zu achten. Wir senken alle Bohrungen auf Ø 11 mm. Dies kommt folgendermaßen zustande:

Die Bohrungen Ø 10 mm sind mit einem Senkdurchmesser von 1 mm bemaßt.

Bei Gewinden beträgt der Senkdurchmesser 10 % vom Nenndurchmesser. Zuzüglich des Nenndurchmessers, also auch 11 mm.

Die Senktiefe brauchen wir bei ShopMill nicht extra berechnen, auch dies übernimmt die Steuerung für uns. Wir geben, wie bei den Bohrzyklen schon gelernt, nur den Senkdurchmesser an. Als Technologiewerte geben wir für die Drehzahl S den Wert 500 U/min und für die Vorschubgeschwindigkeit Vf den Wert 150 mm/ min an. Wie und wo diese Eingabe erfolgt erfahren Sie wieder bei der Programmierung des Werkstückes. Im Anschluss an das Zentrieren führen wir das Bohren der Kernlochbohrungen für die M10 Gewinde bei Pos.-Nr. 6 durch. Dies erfolgt mit einem Spiralbohrer aus HSS mit Ø 8.5 mm. Für die Technologiewerte Vc und Vf sind folgende Werte bestimmt: Vc =35 m/min; Vf =150 mm/min. Nachdem wir die Kernlochbohrungen hergestellt haben, bohren wir bei Pos.-Nr. 7 die Gewindebohrungen M10 mit folgenden Technologiewerten:

Drehzahl S = 60 U/min; Steigung P = 1.5 mm / U. Danach Bohren wir die restlichen Bohrungen mit Ø 10 mm. Dies geschieht bei Pos.-Nr. 8. Diesen Arbeitsschritt führen wir mit folgenden Technologiewerten aus:

Vc =35 m/min; Vf =150 mm/min. Als letzter Arbeitsgang in unserem Arbeitsplan findet bei Pos.-Nr. 9 das Ausspannen und Entgraten des Werkstückes mit Qualitätskontrolle statt.

Übertragen Sie nun diese Ausarbeitungen in den Arbeitsplan.

Zur Kontrolle Ihrer Ausarbeitungen finden Sie hier einen Lösungsvorschlag für das Einrichteblatt und den Arbeitsplan.

Download Arbeitsplan Übung 22

Download Einrichteblatt Übung 22