Konturschonendes Anfahren – Teil 3

Nun programmieren wir den folgenden Halbkreis. Die Kreisbewegung erfolgt im Gegenuhrzeigersinn. Der Endpunkt des Kreises liegt in der X-Achse auf 55 mm und in der Y-Achse auf -127 mm. Den Radius 15 mm geben wir mit CR= an.

Programmieren Sie:

N210 G3 X55 Y-127 CR=15

Nun folgen wieder zwei aufeinanderfolgende Geraden. Ich denke die Analyse dieser Geraden bereitet jetzt keine Schwierigkeiten mehr, deshalb gebe ich Ihnen die Sätze N220 und N230 wie folgt vor:

N220 G1 Y-142

N230 G1 X16.556

Nun folgt wieder ein Kreiselement. Auch diese Analyse dürfte kein größeres Problem mehr darstellen.

Wir programmieren:

N240 G2 X16.556 Y-8 CR=200

Der Endpunkt des Konturzuges wird mit einer Gerade, die uns zurück auf unseren Startpunkt der Kontur führt, angefahren. Dieser Endpunkt liegt in X bei 60 und in Y bei 8. N250 lautet:

N250 G1 X60

Als nächstes erfolgt die Abfahrbewegung von der Kontur. Diese verläuft ähnlich wie das Anfahren an die Kontur. Als erstes geben wir die Bedingung an, mit der wir von der Kontur abfahren wollen. In unserem Beispiel fahren wir im ¼-Kreis von der Kontur ab. Dies geschieht mit der G-Funktion G248. Im gleichen Satz wählen wir die Werkzeugradiuskorrektur mit G40 ab, geben den Radius mit dem Befehl DISR= an, mit dem die Kreisbewegung stattfinden soll und programmieren den tatsächlichen Endpunkt auf den das Fräswerkzeug anschließend positioniert werden soll. Der Radius in unserem Beispiel beträgt, wie aus der technischen Zeichnung ersichtlich ist, 20 mm. Für den tatsächlichen Endpunkt wählen wir die Koordinaten, mit denen wir das Fräswerkzeug zu Beginn positioniert haben. Das erspart uns Rechenaufwand. Wir programmieren für das Abfahren von der Kontur:

N260 G248 G40 DISR=20 X60 Y37

Ab diesem Zeitpunkt ist der Bezug des Werkzeuges wieder der Fräsermittelpunkt. Nun fahren wir auf den Werkzeugwechselpunkt und wechseln das Werkzeug für die Bearbeitung der Innenkontur ein und programmieren in gewohnter Art und Weise die Technologiezeile.

N270 WWP

N280 ; Anfertigen Innenkontur Tiefe 10 mm mit Schaftfräser Ø 16 mm

N290 T=“LANGLFR_16“

N300 M6

N310 G97 S3979 F716 M3 M8

Nun positionieren wir das Werkzeug zur Bearbeitung unserer Innenkontur. Wie aus der Aufgabenstellung ersichtlich, sollen wir die Anfahrstrategie im Viertelkreis durchführen und die Kontur im Gleichlauffräsen, also mit G41, bearbeiten. Wo wir an die Kontur anfahren, sollen wir allerdings selbst festlegen. Bedingt durch den Durchmesser der Kreistasche und des Durchmessers des Fräsers, finden wir eine ziemlich enge Positionier- und Verfahrsituation vor. Deshalb erkläre ich Ihnen an folgender Grafik die Anfahrstrategie, die ich favorisiere.

Die erste Positionierung des Werkzeuges soll auf P1 erfolgen. Der Sicherheitsabstand von der Kontur soll 1 mm betragen. Die Koordinate in der X-Achse ist bei dieser Anfahrstrategie über die Bemaßung der technischen Zeichnung bereits bestimmt. Die Koordinate für die Y-Achse muss noch berechnet werden. Folgende Besonderheiten müssen hierbei beachtet werden:

Die vorbearbeitete Kontur weist einen Durchmesser von 39 mm auf. Da wir hier noch nicht mit Werkzeugradiuskorrektur arbeiten, ist der Bezugspunkt immer noch auf den Fräsermittelpunkt bezogen. Dies bedeutet, dass wir den Werkzeugradius mit einberechnen müssen.

Abb. 1.9: Anfahrbewegung

Für P1 berechnen wir somit folgende Koordinaten:

P1 in X = 60 mm

P1 in Y = Mittelpunkt der Innenkontur + Radius der Innenkontur – Sicherheitsabstand – Fräserradius

P1 in Y = 40 mm + 19 mm – 1 mm – 8 mm = 50 mm

Unter Berücksichtigung des Koordinatensystems ergibt sich für

P1 in Y = -50

Die Tiefe der fertigen Innenkontur beträgt 10 mm, deshalb lautet die Koordinate für P1 in Z = -10. Beim Positionieren der Z-Achse fahren wir aber auf einen Sicherheitsabstand von 2 mm vor die Kontur. Da die Kontur auch in der Tiefe ein Aufmaß von 1 mm aufweist, müssen wir auf Z-7 positionieren.

Nachdem wir nun das Positionieren abgeschlossen haben, gilt es jetzt den Radius unter dem angefahren werden soll zu definieren. Wie bereits besprochen ist das Platzangebot beim Anfertigen dieser Innenkontur beschränkt, somit wählen wir einen kleinen Radius von 5 mm. Die Zielkoordinate ist in der X-Achse wiederum vordefiniert und in der Y-Achse müssen wir die Koordinate wieder berechnen. Dies ist aber wesentlich einfacher als beim Positioniervorgang.

Wir bestimmen bzw. berechnen für P2 folgende Koordinate:

P2 in X = 60

P2 in Y = Mittelpunkt der Innenkontur – Radius der fertigen Innenkontur P2 in Y = 40 mm – 20 mm = 20 mm

Unter Berücksichtigung des Koordinatensystems ergibt sich für P2 in Y = -20

Wie in der Aufgabenstellung vorgegeben, sollen wir die Innenkontur im Gleichlauffräsen durchführen, dies bedeutet mit G41. Somit sind die Informationen für das Positionieren sowie für das Anfahren an die vorgefertigte Kontur vollständig. Programmieren wir nun diese Sätze wie folgt:

N320 G0 X60 Y-50

N330 G0 Z-7

N340 G1 Z-10

N350 G247 G41 DISR=5 X60 Y-20

Nun gilt es den Kreis zu programmieren. Hier ergänzen wir zur bisher durchgeführten Kreisinterpolationen noch folgenden Lerninhalt. Wenn wir einen Vollkreis programmieren, darf nur die Kreisrichtung und die Mittelpunktskoordinaten in inkrementeller Form bezogen auf den Startpunkt angeben werden. Wenn wir die Koordinaten des Kreisendpunktes mit programmieren würden, bei einem Vollkreis ist logischer Weise der Startpunkt auch der Endpunkt, würde die Steuerung die Kreisbewegung nicht durchführen, da wir bereits auf dem Endpunkt stehen. Lassen Sie uns dies auf unsere Übungsaufgabe projektieren.

Wie in der Aufgabestellung erwähnt, sollen wir im Gleichlauffräsen, also G41, die Kreisbewegung durchführen. Um dies zu realisieren, müssen wir hier die Kreisbewegung im Gegenuhrzeigersinn, G3, wählen. Dies ist darin begründet, dass der Fräser in Blickrichtung des Vorschubes links neben der Fertigkontur stehen muss.

Abb. 1.10: Gleichlaufprogrammierung

Nun geben wir die Mittelpunktsverschiebung der Achsen X und Y an. Wie bereits in Lehrbrief 2 vermittelt worden ist, müssen wir für die X-Achse den Wert für die Mittelpunktangabe der Adresse I und für die Y-Achse der Adresse J zuordnen. Dies geschieht inkrementell bezogen auf den Startpunkt des Kreises. Wir bekommen somit für die Adresse I den Wert 0 mm, denn der Mittelpunkt liegt in der X-Achse auf dem selben Wert wie der Kreismittelpunkt. Für die Adresse J erhalten wir unter Berücksichtigung des Koordinatensystems eine Verschiebung des Mittelpunktes in der Y-Achse von -20 mm. Der Programmsatz zur Herstellung unseres Vollkreises lautet:

N360 G3 I0 J-20

Als nächstes programmieren wir unsere Abfahrstrategie von der Kontur. Das Abfahren erfolgt wiederum in einer Viertelkreisbewegung. Den Radius legen wir wie beim Anfahren mit 5 mm fest. Der Endpunkt soll der berechnete P1 vom Positioniervorgang sein. Außerdem schalten wir in diesem Satz wieder die Werkzeugradiuskompensation aus. Wir programmieren:

N370 G248 G40 DISR=5 X60 Y-50

Nachdem wir nun die Innenkontur angefertigt und wieder von der Kontur abgefahren sind, fahren wir das Werkzeug in der Z-Achse auf einen Sicherheitsabstand von 2 mm über die Werkstückoberkante, fahren den Werkzeugwechselpunkt an und beenden das Programm in gewohnter Weise mit M30. Das Programmende wird folgendermaßen programmiert:

N380 G0 Z2

N390 WWP

N400 M30

Fassen wir an dieser Stelle zur besseren Übersicht das gesamte Programm einmal zusammen:

N10 WORKPIECE(,,,”BOX”,112,0,-20,-80,0,0,150,-150)

N20 ; Uebung_17

N30 ; 041109 Christiani Team

N40 G17 G54 G64 G90 G94

N50 G0 Z200

N60 WWP

N70; Anfertigen Außenkontur Tiefe 10 mm mit Schaftfräser Ø 25 mm

N80 T=”SCHAFTFR_25″

N90 M6

N100 G97 S2546 F916 M3 M8

N110 G0 X60 Y37

N120 G0 Z-10

N130 G247 G41 DISR=20 X60 Y-8

N140 G1 X115

N150 G2 X115 Y-58 CR=25

N160 G3 X115 Y-98 CR=20

N170 G1 X142 RND=12

N180 G1 Y-142 RND=10

N190 G1 X85

N200 G1 Y-127

N210 G3 X55 Y-127 CR=15

N220 G1 Y-142

N230 G1 X16.556

N240 G2 X16.556 Y-8 CR=200

N250 G1 X60

N260 G248 G40 DISR=20 X60 Y37

N270 WWP

N280 ; Anfertigen Innenkontur Tiefe 10 mm mit Schaftfräser Ø 16 mm

N290 T=”LANGLFR_16″

N300 M6

N310 G97 S3979 F716 M3 M8

N320 G0 X60 Y-50

N330 G0 Z-7

N340 G1 Z-10

N350 G247 G41 DISR=5 X60 Y-20

N360 G3 I0 J-20

N370 G248 G40 DISR=5 X60 Y-50

N380 G0 Z2

N390 WWP

N400 M30

Starten Sie nun in SinuTrain die DEMO- Fräsmaschine, geben Sie das Programm in den Editor für das vorgesehene Hauptprogramm UEBUNG_17 ein und simulieren Sie anschließend das erstellte Programm. Nach Ausführung des Programms ist in der virtuellen Maschine folgendes Werkstück zu sehen:

Abb. 1.11: Werkstück Übung 17

Sicherlich haben Sie den Werkstückrest an der rechten Seite der Kontur festgestellt. Diesen Werkstückrest müssen wir noch „weg“-bearbeiten. Mit dem bereits vorhandenen Erfahrungswissen dürfte dies für Sie kein Problem mehr darstellen. Programmieren Sie diesen Arbeitsschritt selbstständig.

Hier noch eine kleine Anmerkung:

Sie können diese Werkstückreste am Ende des ersten Programmabschnittes, also beim Anfertigen der Außenkontur, oder nach Anfertigen der Innenkontur durchführen.

Einen Lösungsvorschlag können Sie sich hier herunterladen:

Download Lösung Hauptprogramm Übung 17

Download Lösung mit Abarbeitung der Materialreste Übung 17

Fassen wir nun die technischen Bearbeitungsschritte zusammen.

Zusammenfassung

  • Konturschonendes Anfahren erfolgt in senkrechter Richtung an die Kontur oder vorzugsweise in kreisförmiger Bewegung.

  • Mit Siemens Sinumerik 840D kann im ¼- oder ½-Kreis bzw. mit einer Geraden an die Kontur an- und abgefahren werden. Dies geschieht mit folgenden Befehlen:

      • G147: anfahren mit einer Geraden
      • G148: abfahren mit einer Geraden
      • G247: anfahren im ¼-Kreis
      • G248: abfahren im ¼-Kreis
      • G347: anfahren im ½-Kreis
      • G348:abfahren im ½-Kreis
  • Der vollständige Programmsatz für eine Anfahrstrategie in kreisförmiger Bewegung enthält die Anfahrbedingung, das Einschalten der Werkzeugradiuskorrektur, den Radiuswert der Kreisbewegung und die Zielkoordinaten an der die Kontur angefahren wird.

  • Der vollständige Programmsatz für eine Abfahrstrategie in kreisförmiger Bewegung enthält die Abfahrbedingung, das Ausschalten der Werkzeugradiuskorrektur, den Radiuswert der Kreisbewegung und die Endkoordinaten an der das Werkzeug positioniert werden soll.

  • Ein Vollkreis wird mit der Richtung der Kreisbewegung, im Uhrzeigersinn G2 oder Gegenuhrzeigersinn G3, und den Mittelpunktsangaben, je nach Bearbeitungsebene, mit den Adressbuchstaben

      • I  für die X-Achse
      • J für die Y-Achse
      • K für die Z-Achse

    inkrementell bezogen auf den Startpunkt des Kreises, programmiert.