Besondere Konturelemente programmieren mit Siemens Sinumerik
Wenn wir Drehteile genauer betrachten, werden wir feststellen, dass Drehteile fast ausschließlich aus Geraden und Kreisbögen unterschiedlicher Art bestehen. Es gibt aber Konturelemente, die nach DIN genormt sind und immer in gleicher Art und Weise auftreten. Für diese Konturelemente bieten moderne Steuerungen vorgefertigte Zyklen zum Anfertigen dieser Konturen. Dies erleichtert die Programmierung erheblich.
Lernziele
Nach dem Durcharbeiten des Kapitels kennen Sie
- die Bedeutung und Anwendung unterschiedlicher Frei- und Feinstiche.
- die Programmiermöglichkeiten der Frei- und Feinstiche.
Was gibt es nun für Konturelemente, die eine wichtige Rolle spielen? Die wichtigsten Konturelemente sind Freistiche und Einstiche.
Die Siemens Sinumerik bietet für Einstiche und Freistiche folgende Zyklen:
Für Einstiche
Für Einstiche
CYCLE930
Für Freistiche nach DIN 509
Für Freistiche nach DIN 509
CYCLE940
Für Gewindefreistiche nach DIN 76
Für Gewindefreistiche nach DIN 76
CYCLE940
Lassen Sie uns diese Funktionen anhand eines Beispiels erarbeiten und programmieren.
Übung
Übung 13
Abb. 5.1: Konturelemente
Bei dieser Übungsaufgabe wollen wir die oben besprochenen Zyklen zur Programmierung der Konturelemente für Freistiche und Einstiche erarbeiten.
Hier noch ergänzende Informationen, bevor wir mit der Arbeitsplanung beginnen:
- Maschinenauswahl in SinuTrain: DEMO-Drehmaschine.
- Werkstoff: EN-GJL (Gusswerkstoff)
- Das Rohteil hat folgende Abmaße: Ø 58 mm x 77 mm
- Die linke Seite ist bereits fertig plangedreht und entgratet.
- Das Werkstück ist vorzuschruppen und fertigzudrehen.
- Die Vorbearbeitung erfolgt mit dem Abspanzyklus.
- Es ist ein Werkstückordner mit dem Namen Übung_13 anzulegen.
- Die Fertigkontur ist in ein separates Unterprogramm zu programmieren. Dieses Unterprogramm soll den Namen FKA_UE13 erhalten.
- In dieser Übung werden wir das Gewinde M16 x 1.5 nicht bearbeiten.
Wir werden die Arbeitsplanung gemeinsam durchführen.
Bevor wir uns diesmal mit der Spannsituation befassen, wollen wir auch hier das Werkstück noch einmal genauer analysieren. Markieren wir die unbekannten Konturelemente, die wir noch nicht in diesem Fernlehrgang bearbeitet haben, in unserer Zeichnung:
Abb. 5.2: Markierung der Elemente
Das mit 1 gekennzeichnete Konturelement ist ein Gewindefreistich. Gewindefreistiche sind nach DIN 76 genormt. Diese Gewindefreistiche sind in vier unterschiedliche Formen unterteilt. Wir werden diese Formen in der Arbeitsplanung genau beleuchten.
Das mit 2 gekennzeichnete Konturelement ist ein Einstich. Zu diesen beiden Konturelementen und den dementsprechenden Zyklen, mit denen wir diese Konturelemente bearbeiten, kommen wir später, wenn wir unser CNC-Programm gemeinsam entwickeln.
Das dritte unbekannte Konturelement ist eine Schräge, die mit 20° angegeben ist. Bei genauerer Betrachtung stellen wir fest, dass hier eine Maßangabe fehlt, nämlich das Maß in der Z-Achse, das noch berechnet werden muss. Dieses Konturelement wird bei der Arbeitsplanung eine elementare Rolle spielen.
Beginnen wir nun in gewohnter Art und Weise mit dem Erarbeiten des Einrichteblattes.
Die Spannsituation des Werkstückes stellt sich ziemlich eindeutig dar. Wir spannen, wie bei den anderen Übungsaufgaben auch, auf dem fertigen Ø 58 mm. Somit ergibt sich folgende Spannskizze:
Bei den Werkzeugen treffen wir folgende Auswahl:
Abb. 5.3: Spannskizze
- Für das Vorbearbeiten der Kontur wählen wir, wie schon bei den vorherigen Übungen, folgendes Werkzeug:
- 80° (Grundform C) – Platte A (Freiwinkel 3°)Drehwerkzeug Außen Links – Schruppdrehwerkzeug T=”A_SCHRUPP_80_0.8″, Schneidenlage 3 HM-beschichtet.
- Schema:
- Für das Fertigbearbeiten der Kontur, inklusive der Bearbeitung des Gewindefreistichs, wählen wir einen Schlichtdrehmeißel mit geringerem Eckenwinkel der Wendeschneidplatte und einen größeren Freiwinkel, da wir beim Gewindefreistich wieder eintauchen müssen und wir ein Anlaufen der Schneide an die Kontur verhindern wollen (siehe Übung_12).
- 35° (Grundform V) – Platte D (Freiwinkel 15°) Drehwerkzeug Außen Links – Schruppdrehwerkzeug T=”A_SCHLICHT_35_0.3″, Schneidenlage 3 HM-beschichtet.
- Schema:
- Für das Fertigbearbeiten benötigen wir ein zusätzliches Werkzeug. Für diese Konturelemente sind sogenannte Stechdrehmeißel vorgesehen.
Abb. 5.6: Stechdrehmeißel
Besonderes Augenmerk muss beim Vermessen der Stechdrehmeißel gelegt werden.
Je nach Bezugspunkt, der in der technischen Zeichnung angegeben ist, muss Schneide D1 oder Schneide D2 angewählt werden. Für unser Beispiel wählen wir Schneide D2. Warum?
Lassen Sie uns das bildlich darstellen:
Durch die Bemaßung vom Längenmaß 30 ist der Bezugspunkt eindeutig auf Schneide D2 gelegt.
Nachdem wir uns ausführlich mit den Stechdrehmeißeln und ihren Besonderheiten beschäftigt haben, treffen wir folgende Werkzeugauswahl:
Einstechstahl T=”Stecker_2.0″; Schneidenlage 4; Schneidenbreite 2 mm; HM-beschichtet
Abb. 5.7: Bezugspunkt
Damit Sie die Auswahl nachvollziehen können, gehen Sie folgendermaßen vor: Starten Sie SinuTrain in gewohnter Weise. Wenn das System hochgelaufen ist,
wechseln Sie mit der Menu select-Taste ins Grundmenü. Wählen Sie nacheinander die Softkey Parameter und Werkzeugkorrektur an. Mit dem Softkey T-Nr+ können Sie die einzelnen Werkzeuge durchblättern. Blättern Sie durch bis T3. Hier ist ein Einstechdrehmeißel hinterlegt. Sie können die Daten und die Schneidenlage ablesen. Die Schneidenlage bei unserem Beispiel ist, wie vorher beschrieben, 4. Wie Ihnen wohl schon aufgefallen ist, ist bei diesem Werkzeug, bei dem Sie sich im Moment befinden, die Schneidenlage mit 3 angegeben. Mit dem Softkey D-Nr+ können Sie die einzeln vermessenen Schneiden durchblättern. Wenn Sie die Schneide D2 anwählen, werden sie feststellen, dass hier die gewünschte Schneidenlage vorliegt.
Die Nullpunktverschiebung (NPV) legen wir für die Simulation in SinuTrain folgendermaßen fest:
- XA = 58
- ZA = 1
- ZI = -76
- ZB = -55
Übertragen Sie nun die besprochenen Werkzeuge, die Spannskizze in das Einrichteblatt.
Einen Lösungsvorschlag für das komplett ausgefüllte Einrichteblatt können Sie sich hier herunterladen.
Abb. 5.8: Konturelement: Dreieck
Setzen wir die Arbeitsplanung mit der Planung der Arbeitsschritte fort.
Pos-Nr. 1: Als ersten Schritt wählen wir die Analyse und Auswertung der Zeichnung mit Berechnung fehlender Maße zum Bearbeiten der Kontur. Diesem Schritt kommt, wie bereits erwähnt, bei dieser Übung eine elementare Bedeutung zu. Betrachten wir an dieser Stelle noch einmal das Konturelement 3. Wir hatten ja bereits besprochen, dass hier zum Anfertigen der Kontur das Z-Maß fehlt.
Das dritte unbekannte Konturelement ist eine Schräge, die mit 20° angegeben ist. Schauen wir uns dazu das Konturelement etwas genauer an:
Bei genauerer Betrachtung des Konturelements stellen wir fest, dass die Bemaßung in der Z-Achse fehlt. Wie gehen wir vor, um eine fehlende Größe zu bestimmen. Vorgegebenes Dreieck ist die Grundlage zur Berechnung dieses fehlenden Wertes in der Z-Achse. Übrigens, Dreieckberechnungen in der Technik allgemein sind ein wertvolles Mittel, die wir kennen und mit etwas Übung beherrschen müssen.
Wie wir nun festgestellt haben, liegt hier ein rechtwinkliges Dreieck vor, in dem der Winkel von 20° und eine Seite, die dem Winkel anliegende Seite, mit 11.5 mm gegeben sind. Gesucht ist die dem Winkel gegenüberliegende Seite. Wie Sie sicher schon gemerkt haben, liegt hier ein klassischer Fall von einer Dreieckberechnung mit Winkelfunktionen vor. Den Radius am Ende der Kontur werden wir später mit der Funktion RND berücksichtigen. Lassen Sie uns dieses Maß gemeinsam berechnen. Zeichnen wir uns dieses Dreieck einmal heraus und benennen die gegebenen Elemente:
Gegeben ist uns der Winkel mit 20°. Diesen Winkel benennen wir α. Weiterhin ist uns die dem winkelanliegende Seite, also die Ankathete (AK), gegeben.
Diese beträgt:
Ø 58 mm – Ø 25 mm = Ø 23 mm. Da sich unser Dreieck aber auf den Radius bezieht, müssen wir diesen Wert halbieren.
Also Ø 23 mm: 2 = 11.5 mm.
Gesucht wird die gegenüberliegende Seite des Winkels α, also die Gegenkathete (GK).
Abb. 5.9: Dreiecksberechnung
Wenn wir nun die Übersicht der Winkelfunktionen mit einbeziehen, können wir uns die für uns gültige Formel leicht heraussuchen:
Abb. 5.10: Winkelfunktionen
Die einzige Formel, in der alle von uns benannten Elemente vorkommen, ist die Winkelfunktion Tangens α (tan α). Wie Sie feststellen, müssen wir die Formel noch nach unserem gesuchten Element umstellen, also nach der Gegenkathete von α.
Unsere Formel sieht dann folgendermaßen aus:
Gegenkathete von α = tanα x Ankathete von α Kurzform: Gk = tanα x Ak
Mit unseren Werten ausgefüllt bedeutet dies:
- Gk = tan20° x 11.5 mm
- Gk= 4.186 mm
Um nun den Gesamtwert der Koordinate in der Z-Achse zu erhalten, müssen wir diesen Wert zu dem letzten bekannten Wert der Z-Achse addieren. Dies bedeutet für uns also:
Z = -43 mm + 4.186 mm = -47.186 mm. Übertragen wir dieses berechnete Maß in unseren Arbeitsplan.
Nach diesem wichtigen und notwendigen Exkurs in die Welt der Dreiecksberechnungen wollen wir nun aber die Arbeitsplanung fortsetzen.
Pos-Nr. 2: Der zweite Arbeitsschritt ist die Qualitätskontrolle mit der Maßnahme Rohteilmaße prüfen.
Pos-Nr. 3: Dieser Arbeitsschritt ist uns wieder bekannt. Wir spannen das Werkstück gemäß Einrichteblatt.
Pos-Nr. 4: Nun führen wir das Plandrehen auf Maß 76 mm durch. Wählen Sie das Werkzeug sowie die Schnittdaten für den Gusswerkstoff selbstständig aus bekannter Tabelle aus.
Pos-Nr. 5: Hier führen wir die Vorbearbeitung der Kontur durch. Das Vorschruppen der Kontur erfolgt mit dem Abspanzyklus. Der Aufruf bzw. die Aktivierung der Fertigkontur erfolgt über den Konturaufruf mit dem Unterprogramm FKA_UE13. Die Technologiedaten und das Werkzeug wählen Sie bitte selbstständig aus.
Pos-Nr. 6: Hier führen wir die Fertigbearbeitung der Kontur durch. Fertigkontur wird in einem Unterprogramm programmiert. Die Bezeichnung des Unterprogrammes lautet: FKA_UE13. Auch hier wählen Sie die Technologiedaten und das Werkzeug bitte selbstständig aus.
Pos-Nr. 7: Bei diesem Arbeitsschritt fertigen wir den Gewindefreistich an. Für das Anfertigen des Gewindefreistichs ist eine genauere Betrachtung diese Konturelementes notwendig.
Gewindefreistiche sind nach DIN 76 in verschiede Formen unterteilt. Diese Formen sind:
- Form A: Gewindefreistich für Außenkontur, lange Ausführung
- Form B: Gewindefreistich für Außenkontur, kurze Ausführung
- Form C: Gewindefreistich für Innenkontur, lange Ausführung
- Form D: Gewindefreistich für Innenkontur, kurze Ausführung