Lektion Fortschritt:

6 Die Stanzplatte (Teil 1)

Bis jetzt haben Sie fast immer auf der Ebene vorne skizziert. Das bedeutet, dass auch sämtliche Modelle nach dieser Ebene ausgerichtet sind. Doch was, wenn Sie einmal auf der Ebene oben beginnen oder besser noch: was, wenn Sie für ein Feature Ihre ganz eigene Skizzenebene – oder Referenzebene – definieren wollen? Keine Sorge: SolidWorks ist nicht so steif, wie Sie möglicherweise denken.

  • Öffnen Sie das Bauteil B Stanzpaltte.Sldprt aus dem ersten Lehrbrief. Öffnen Sie die Skizze zur Bearbeitung.

Für unsere Ausarbeitung benötigen wir Mittellinien. Doch statt diese alle von Hand einzuzeichnen, wählen wir die schnelle Methode:

Löschen Sie das Rechteck und die Maße. Skizzieren Sie ein Mittelpunkt-Rechteck mit Konstruktionslinien Mitte-Mitte deckungsgleich auf den Ursprung und bemaßen Sie es dann wie eben (vgl. den Abschnitt „Erstellungstypen bei Rechtecken“). Sie werden feststellen: Es sind nur wenige Handgriffe (Abb. 6.1).

Abb. 6.1: Auch wenn eine Skizze vollständig ersetzt wird, bleiben die übergeordneten Features erhalten

6.1 Symmetrie durch Spiegelung

Da wir jetzt allmählich faul werden, zeige ich Ihnen einen weiteren netten Trick, der Ihnen die doch recht aufwendige Definition von Symmetriebeziehungen erspart: Sie spiegeln Elemente – und zwar, so viel Sie nur können:

  • Zeichnen Sie den Winkel aus zwei Linienstücken nach Abb. 6.2 in die Oberseite ein. Die Enden sollen jeweils deckungsgleich mit den Linien verbunden sein, die Linien selbst horizontal bzw. vertikal beschränkt.

Abb. 6.2: Einzeichnen des Spiegelobjekts

  • Klicken Sie in der Symbolleiste Skizze auf Elemente spiegeln.

Diese Funktion erwartet zwei Auswahlsätze: erst die Elemente, die gespiegelt werden, dann die Spiegelachse. Beim Start ist die obere Auswahlliste namens Zu spiegelnde Elemente automatisch aktiviert. Sie haben mehrere Möglichkeiten, die Funktion zu bedienen:

Hier können Sie entweder die gewünschten Elemente der Reihe nach anklicken – Strg brauchen Sie bei Auswahllisten nicht! -, danach die untere Liste namens Spiegeln um aktivieren, schließlich die Spiegelachse selbst wählen und anschließend klicken Sie auf OK (Abb. 6.3).

  • Oder Sie wählen die beiden Linien mit einem Zugfenster aus.
  • Wenn Sie die Maus danach nicht allzu viel bewegen, können Sie den Auswahlsatz mit einem Rechtsklick abschließen – der Cursor erscheint als stilisierte Maus mit einem grünen Häkchen auf der rechten Taste (OK-Cursor, s. Bild).
  • Nach dem Rechtsklick wechselt SolidWorks automatisch in die nächste Auswahlliste. Wählen Sie also die Mittellinie und klicken Sie wiederum rechts, sobald der OK-Cursor zu sehen ist.

Abb. 6.3: Die Funktion Spiegeln mit ihren beiden Auswahlfeldern. Hier wird die Spiegelachse gewählt; im Editor erscheint eine Vorschau.

Während der Aktion erhalten Sie bereits eine Vorschau des Ergebnisses nach Abb. 6.3.

Nach der Aktion sehen Sie die fertigen Objekte – allerdings nur drei statt vier. Der Grund: Quell- und Zielobjekte berühren einander. Wenn sie – wie hier die beiden Horizontalen auch noch kollinear zueinander liegen, werden sie zu einem einzigen Objekt verbunden.

  • Sie sehen einen einzelnen Skizzenpunkt auf der Linie, den Sie löschen können.

6.1.1 Löschen von Skizzenbeziehungen durch Trimmen

Wenn Sie jetzt allerdings versuchen, den überschüssigen Teil der Außenkontur zu trimmen, erhalten Sie eine Warnung: Offenbar sind Sie im Begriff, Skizzenbeziehungen zu löschen (Abb. 6.4)!

Abb. 6.4: Sobald Skizzenbeziehungen in Gefahr sind, schickt Solid-Works eine Warnmeldung

Gemeint ist hier die Mittelpunktbeziehung, die durch das Mittelpunkt-Rechteck automatisch geknüpft wurde.

  • In diesem Fall können Sie bestätigen, denn diese Beziehung wird gleichwertig durch Symmetriebeziehungen ersetzt.
  • Ein kleiner Test zeigt, ob die Operation erfolgreich war (Abb. 6.5).

  • Spiegeln Sie diese ganze Figur über die horizontale Mittellinie zur Unterseite. Achten Sie darauf, dass die Option Kopieren aktiviert ist (Abb. 6.6).

Abb. 6.5: Und immer wieder: Testen der Skizzenbeziehungen!

Abb. 6.6: Die Ecke wird nach unten gespiegelt

Durch das erneute Spiegeln sind jetzt auch diese beiden Figuren durch Symmetrie miteinander verknüpft. Das ist ideal, wenn die Skizze garantiert identische Einzelheiten enthalten soll.

  • Ziehen Sie eine Ecke weg, so sollten sich beide Figuren synchron bewegen. Falls nicht, machen Sie die Spiegelung mit Strg+Z rückgängig und wiederholen die Prozedur (Abb. 6.7).

  • Zeigen Sie ruhig mit dem Mauszeiger auf einige dieser blauen Labels, um etwas über deren Partner zu erfahren.
  • Nun benötigen wir noch Nuten links und rechts. Nein, ein Kreismuster fällt aus, weil die Elemente kein gemeinsames Zentrum besitzen. Also müssen Sie sie zeichnen. Das tun Sie auf genau die gleiche Art wie eben hier die Schnellfassung:

Abb. 6.7: Die Beziehungen häufen sich

Zeichnen Sie den zweiteiligen Winkel gegen die Vertikale und die horizontale Mittellinie.

  • Rufen Sie wieder Elemente spiegeln auf.
  • Wählen Sie den Winkel mit einem Zugfenster, Rechtsklick, wählen Sie die horizontale Mittellinie, Rechtsklick, Rechtsklick.
  • Spiegeln Sie dieses Element dann über die vertikale Mittellinie nach rechts. Fertig.
  • Jetzt sollten Sie die Skizze nach Abb. 6.8 erhalten haben.

Abb. 6.8: Durch die Spiegelung sind zahlreiche Beziehungen entstanden

Trimmen Sie die vertikalen Dubletten, und das untere Stück wo sich die Nuten befinden, aus der Kontur heraus und bejahen Sie die Warnungen (vgl. Abb. 6.9).

6.1.2 Skizzen-Logik

Jetzt sollen die Nuten alle gleich breit und gleich hoch sein. Die Symmetriebeziehungen funktionieren aber nur für jeweils gegenüberliegende Nuten. Dies lösen wir mit einem einfachen Trick:

Wählen Sie alle vier Nutgründe und verknüpfen Sie sie durch die Beziehung Gleich (Abb. 6.9).

  • Tun Sie dies nun für je eine Senkrechte pro Nut. Sie brauchen nicht beide Seiten einer Nut zu bearbeiten, da diese per Symmetrie ja ohnehin schon „synchron laufen“ (Abb. 6.10).

Abb. 6.9: Die Nutgründe sind stets gleich lang

Abb. 6.10: genau wie die Seiten

6.1.3 Skizzenbeziehungen prüfen

Wenn Sie auch dies geschafft haben,

dann sollten bei jeder Bewegung einer der vier Nuten alle anderen synchron mitwandern – und das gilt auch für Extremstellungen (Abb. 6.11).

  • Ziehen Sie die Skizze wieder in Form und bemaßen Sie die Höhe und Breite der Nuten. Damit ist alles schwarz (Abb. 6.12)!.

Abb. 6.11: Eine gute Verifikation für Skizzenbeziehungen ist der Crash-Test, denn Unregelmäßigkeiten treten hier schnell zutage

Abb. 6.12: Der Mühen Lohn: Ganze zwei neue Maße genügen, um die Skizze zu definieren!

Erheben Sie die Skizze dann mit einem linear ausgetragenen Aufsatz um 2 mm in die Höhe und nennen Sie diesen A Stanzplatte. Speichern Sie das Bauteil.

  • Das vorläufige Ergebnis sehen Sie in Abb. 6.13.

Abb. 6.13: Die Grundform der Stanzplatte

6.2 Radien und Verrundungen

Im Gegensatz durch Fase ist das Verrundungs-Feature eine sehr umfangreiche Funktion, die speziell für den Formenbau optimiert wurde. Um zwei der vielen Varianten kennenzulernen, verrunden Sie die beiden waagerechten Nuten, wobei dies natürlich auch mit einer Skizzenverrundung funktioniert hätte.

6.2.1 Verrundung mit konstantem Radius

Zoomen Sie die linke Nut heran und drehen Sie sie so, dass Sie hineinsehen können. Klicken Sie auf Verrundung (Abb. 6.14).

  • Wählen Sie unter Verrundungstyp die erste Option, Verrundung mit konstantem Radius.

  • Auch hier finden Sie eine Auswahlliste, und zwar für Ecken, Kanten und Flächen. Klicken Sie in die beiden Innenkanten der Nut.

Achten Sie darauf, auch wirklich nur Kanten und nicht ganze Flächen zu markieren, sonst werden diese komplett verrundet!

  • Geben Sie als Radius 0.75 mm ein, also genau die halbe Weite der Nut. Auf diese Art berühren sich die Radien und bilden ein Halbrund. Bestätigen Sie und nennen Sie das Feature V Links.

Dies scheint eine einfache Lösung zu sein. Doch wenn Sie die Nutweite probehalber ändern,

  • indem Sie das Maß 1.5 auf 2.5 erweitern und dazu die Ampel des Dialogfelds Modifizieren benutzen, so zeigt sich, dass der unflexible Radius dabei nicht mitwächst (Abb. 6.15).

Abb. 6.14: Einrichten einer konstanten Verrundung

  • Klicken Sie auf Abbrechen oder machen Sie die Änderung rückgängig.

Abb. 6.15: Eine Änderung fördert den Nachteil der Verrundung zutage

6.2.2 Volle abgerundete Verrundung

Wer immer sich den Namen für diesen Verrundungstyp ausgedacht hat, war wahrscheinlich auf Wasser und Brot. Aber die volle Verrundung erfüllt den Zweck des vorigen Tests mit Bravour (Abb. 6.16)!

Abb. 6.16: Die volle Verrundung macht fast jede Änderung mit!

Wechseln Sie zur rechten Nut und rufen Sie wieder die Verrundung auf. Wählen Sie als Verrundungstyp diesmal Volle abgerundete Verrundung.

  • Die Funktion erwartet drei sich berührende Flächen. Klicken Sie nacheinander jeweils in eine Auswahlliste und dann auf eine der Flächen. Auch die Reihenfolge muss stimmen. Die Vorschau sollte einen perfekt durchgehenden Radius zeigen.
  • Bestätigen Sie. Die Verrundung wird angebracht. Nennen Sie sie VaV Rechts (Abb. 6.17).

Abb. 6.17: Beide Nuten sind verrundet