Lektion Fortschritt:

7 Top-down-Modellierung, Teil 1

Bisher haben wir Bauteile von Grund auf modelliert, ohne je über den Tellerrand hinauszublicken – gerade so, als stünden sie für sich alleine. Diese Methode wird von Anglisten als Bottom-up-Verfahren bezeichnet, also von unten nach oben: Jedes Bauteil wächst wie ein Baum, entsteht aus dem Nichts.

In Wahrheit jedoch entstehen Bauteile fast immer im Kontext: Sobald Sie auch nur ein Normteil verbauen, z. B. eine Maschinenschraube mit Scheibe und Mutter, sind Sie bereits an dessen Untergliederung gebunden – sie müssen schließlich zusammenpassen. Gewindestäbe der Größe M13.7-14.1 mit einer Länge von 0.4 Ellen können Sie nun mal nicht käuflich erwerben. Es bleibt dabei: Sie konstruieren immer im Kontext.

Das Verfahren, das genau diese intuitiv-iterative Arbeitsweise unterstützt, funktioniert allerdings umgekehrt zu Bottom-up: Sie fangen mit den Eckdaten an und arbeiten sich von dort immer tiefer ins Detail. Ändern Sie einen der Eckwerte, folgen alle abhängigen Bauteile automatisch Sie sparen also Zeit, Fehler und Kosten – allerdings müssen Sie auch gründlich vorplanen. Deshalb üben wir das sogenannte Top-down-Verfahren nicht nur in diesem Kapitel.

Der Exzenter unseres Hefters besteht aus zwei Rädern, dem Zahn- und dem Konter-Rad; gemeinsam bilden sie die Antriebs- und Gegenseite. Zu diesen Rädern gehört je eine baugleiche Achse mit Laufbuchse; eine dritte Achse mit Rolle bildet die Kurbel für den Hebel. Insgesamt also sechs individuelle Bauteile, die wir im Kontext konstruieren und zwar von den Achsen beginnend.

7.1 Das Eltern-Teil: Hauptsache, die Hauptachse

Die Achsen des Exzenters weisen einen sechseckigen Querschnitt auf, da sie ihrerseits in Gleitbuchsen laufen. Die Idee dahinter ist die größere Druckfläche und, damit verbunden, die konstruktive Minderung des Lagerfressens: Gleitlager sind wegen der Eigenschmierung mancher Kunststoffe wesentlich billiger als Wälzlager.

  • Erstellen Sie ein neues Teil namens Ex Achse. Legen Sie auf der Ebene vorne eine neue Skizze an.

7.1.1 Ein Polygon erstellen

Wählen Sie in der Symbolleiste Skizze Polygon. Der PropertyManager dieses Makros wird geöffnet (Abb. 7.1).

Abb. 7.1: Ein gleichseitiges Polygon als Achsenquerschnitt

  • Stellen Sie unter Anzahl der Seiten 6 ein.
  • Als Erstellungsoption wählen Sie Inkreis. Auf diese Art sind Schlüsselweite und Kreisdurchmesser identisch.
  • Ziehen Sie das Sechseck deckungsgleich auf dem Ursprung auf. Die Funktion reagiert genau wie diejenige für Kreise. Schließen Sie mit Eingabe ab.
  • Bemaßen Sie den Inkreis mit 4 mm.

Sie bemerken: Anders als ein Kreis ist diese Skizze noch nicht voll definiert. Hierzu brauchen Sie aber nur eine der Linien zu beschränken:

  • Beschränken Sie eine der Linien horizontal oder vertikal (Abb. 7.2, Pfeil).

Damit ist die Skizze voll definiert.

Abb. 7.2: Polygone haben offenbar mehr Freiheitsgrade als Kreise

7.1.2 Ein Polygon bearbeiten

Die Beziehungs-Labels der Figur sehen ungewöhnlich aus.

  • Wenn Sie einen Doppelklick auf eines davon ausführen, sehen Sie die Art der Beziehung: Es ist ein sogenanntes Skizzenmuster (Abb. 7.3).

Abb. 7.3: Polygone entstehen aus Kreismustern

Das Polygon ist also ein Kreismuster mit <n> Elementen, die gleichmäßig über einen Vollkreis verteilt sind. Daher habe ich es weiter oben auch als Makro bezeichnet.

Sie können die Anzahl der Seiten nachträglich ändern, solange der PropertyManager geöffnet ist.

  • Hier führen Sie einen Rechtsklick auf den Eintrag Muster erstellt aus. Wählen Sie Polygon bearbeiten.

Hierauf erscheint wieder der PropertyManager nach Abb. 7.1.

  • Schließen Sie die Skizze und nennen Sie sie Sk Achse.
  • Tragen Sie sie mit einem linear ausgetragenen Aufsatz um 15 mm aus. Nennen Sie diesen A Achse.  
  • Speichern Sie das Bauteil (Abb. 7.4).

Abb. 7.4: Die Achse ist sozusagen die Mutter des Exzenters

7.1.3 Der Schnittkegel

Ob Schraube, Mutter oder Achse – Sechskantprofile sind an den Enden angefasst. Wenn Sie das technische Zeichnen beherrschen, kennen Sie bestimmt noch die berüchtigten Ellipsen, die Sie in der Seitenansicht von Maschinenschrauben müh- selig aufs Pergament zauberten. Sie entstehen aus dem Schnitt eines Kegels mit einem Polygon-Prisma. Nun, im MCAD brauchen Sie sich darum nicht mehr zu sorgen:

  • Legen Sie auf der Stirnseite eine neue Skizze an.
  • Zeichnen Sie einen Kreis deckungsgleich mit dem Ursprung und tangential mit einer Sechseck-Seite. Damit ist die Skizze voll definiert (Abb. 7.5). 

Abb. 7.5: Rekord: eine Skizze, die mit zwei Skizzenbeziehungen voll definiert ist

  • Schließen Sie die Skizze und nennen Sie sie Sk Fase 1.
  • Mit dieser Skizze und einem linear ausgetragenen Schnitt tragen Sie nun die Ecken des Sechskants ab, ohne aber die Kanten zu beschädigen. Aktivieren Sie Formschräge ein/aus und stellen Sie dort als Winkel 60° ein (Abb. 7.6). 
  • Klicken Sie auf Umkehrung der Schnittseite, um nur die Ecken zu entfernen. Mit der detaillierten Vorschau – dem Auge – prüfen Sie das Ergebnis.
  • Begrenzen Sie den Schnitt durch die Endbedingung Bis Körper. Hierbei geben Sie einen Körper oder eine Oberfläche als Grenze an. Der Schnitt wird dadurch bei jedem Durchmesser die Abmessungen des Körpers abdecken. Klicken Sie einfach auf die Achse im Editor, also A Aufsatz. Nennen Sie den Schnitt S Fase 1.
  • Wiederholen Sie diese Prozedur auf der anderen Stirnfläche, wobei Sie Sk Fase 2 und S Fase 2 definieren. Leider können Sie hier nicht spiegeln. Immerhin können Sie via Elemente übernehmen den Kreis kopieren (Abb. 7.7).

Abb. 7.6: „Fase de Luxe” für den Sechskant

  • Speichern Sie das Bauteil.

Abb. 7.7: Die zweite Fase muss eigens konstruiert werden

7.2 Die Kind-Teile

Diese Achse werden wir nun zur Modellierung der Laufbuchsen und der beiden Räder nutzen. Diese Kind-Teile werden einseitig mit dem Mutter-Teil verknüpft: Änderungen werden nur vom Mutter-Teil auf die Kind-Teile übertragen, nicht jedoch andersherum.

7.2.1 Die Lagerbuchse

  • Erstellen Sie ein neues Teil und nennen Sie es Ex Lagerbuchse.

Den folgenden Schritt könnten Sie auch später durchführen, aber zur Orientierung neuer Skizzen ist es geschickter, die statischen Elemente zuerst einzufügen:

  • Klicken Sie auf die Ebene vorne und wählen Sie im Menü Einfügen, Teil (Abb. 7.8).
  • Im Dateidialog wählen Sie die Mutterdatei EX ACHSE und klicken auf Öffnen.
  • Im PropertyManager bestimmen Sie nun, was genau übernommen werden soll. Wählen Sie Absorbierte Skizzen, lassen Sie alles andere deaktiviert und bestätigen Sie. So wird das importierte Teil auf dem Ursprung eingefügt.

Abb. 7.8: Einfügen eines ganzen Bauteils in ein anderes: Hier sind zwei Phasen zugleich abgebildet

Ansonsten geschieht immer noch nichts, denn die absorbierten Skizzen – solche also, die Grundlage eines anderen Features sind – wurden während dieses Vorgangs automatisch ausgeblendet:

Im FeatureManager erkennen Sie das Feature Ex Achse, das durch ein Bauteil-Icon dargestellt ist. Klappen Sie es auf und dann die Untergruppe Skizzen, sodass Sie die Skizze Sk Achse finden. Diese blenden Sie über die Kontext- Symbolleiste ein (Abb. 7.9).

Hierauf erscheint das Sechseck, das auch das Fundament der Achse bildet.

Abb. 7.9: Die Sechseck-Skizze der Achse wird eingeblendet

Was nun folgt, ist eine einfache Rotationsskizze für die Buchse. Da Sie EX ACHSE und damit auch dessen erste Skizze auf der Ebene vorne angelegt haben, machen Sie auf einer der anderen beiden Ebenen weiter:

  • Legen Sie auf der Ebene oben eine Skizze an. Zoomen Sie so, dass das liegende! Sechseck gut zu sehen ist (Abb. 7.10, Pfeil).

Abb. 7.10: Die Skizze der Buchse als Halbschnitt

Erstellen Sie die einfache Skizze nebst Mittellinie nach der Abbildung.

  • Schließen Sie sie und nennen Sie sie Sk Buchse.
  • Rotieren Sie sie mit Aufsatz/Basis rotiert um die Mittellinie. Nennen Sie das Feature R Buchse (Abb. 7.11).

Abb. 7.11: Die Buchse, noch ohne Bohrung