Lektion Fortschritt:

3 Der Hefter als Ganzes (Teil 2)

3.4 Verknüpfungen des Hebels

Nachdem wir nun alle Komponenten außer der Haube in der Gesamt-Baugruppe haben, können wir uns um die Feinarbeit kümmern. Der Hebel soll natürlich Stanze und Getriebe miteinander verbinden:

  • Blenden Sie alles aus, außer der Stanze, dem Hebel, dem rechten Lagerbock und dem Konter-Rad mit Achse und Rolle. Das steigert die Performance (vgl. Abb. 3.22).
  • Machen Sie die Unterbaugruppen Stanze mit Hebel und Getriebe mit dem gleichnamigen Befehl beweglich. Der Hebel und das Konter-Rad sollten sich jetzt frei bewegen lassen. Ziehen Sie in der Normalansicht, falls das nicht klappt.

Abb. 3.22: Die komplizierte
Hebelmechanik des Hefters

Nun zu dem angekündigten Trick:

Die Rolle ist mit 6 mm eigentlich zu groß für das Langloch, das einen Durchmesser von 5.8 mm aufweist. Verkleinern wir jedoch den Durchmesser der Rolle korrekt auf 5.7 mm, streikt die Verknüpfungsdefinition für Kurvenglieder. Entweder wir erhalten eine unlösbare Verknüpfung, oder eine Fehlermeldung warnt vor Überdefinition, und nach Bestätigung werden alle anderen ungültig.

Der Trick besteht darin, das Bauteil mit einer Übermaß-Konfiguration zu versehen, die nur für die Definition der Verknüpfung gedacht ist:

  • Öffnen Sie das Bauteil EX ROLLE und definieren Sie die Konfiguration Bewegungssimulation mit der Beschreibung Notbehelf für Kurvenglied-Verknüpfung, die Sie außerdem mit der konfigurationsspezifischen Farbe Rot – also RGB 255, 0, 0 – einfärben, damit sie nicht aus Versehen doch noch gefertigt wird.
  • Definieren Sie in dieser Konfiguration den Außendurchmesser zu 6 mm (Abb. 3.23).
  • Für die Konfiguration Standard hingegen stellen Sie die konstruktiv korrekten 5.7 mm ein. Speichern und schließen Sie das Bauteil.
  • Zurück im Hefter, bejahen Sie die Aktualisierung und stellen Ex Rolle auf die Konfiguration Bewegungssimulation um. Sie sollte jetzt leuchten wie eine Kirsche.

Jetzt können wir die Problembeziehung endlich in Angriff nehmen:

Abb. 3.23: Immer mal was Neues: Eine Konfiguration für störrische Verknüpfungen

  • Starten Sie Verknüpfungen, Mechanische Verknüpfungen und wählen Sie Kurvenglied (Abb. 3.24).

Abb. 3.24: Definition des Kurvengetriebes

  • Wählen Sie als Kurvenlinie das Langloch des Hebels, allerdings nicht nur die Kurve, sondern die ganze Leibungsfläche des Langlochs (s. Abb.). Automatisch wird die gesamte Schleife gewählt. Wählen Sie als Kurvengetriebe dann die Zylinderfläche der Rolle.
  • Wenn die Rolle auf die Außenseite des Langlochs wandert, wählen Sie einfach die andere Verknüpfungsausrichtung (Kasten). Gleichsinnig sollte jedoch funktionieren.

Wenn Sie jetzt keinerlei Warnungen oder Fehlermeldungen erhalten, dann sind Sie übern Berg.

Jetzt sollte sich der Hebel bewegen, sobald Sie am Konter-Rad drehen. Vollführen Sie eine ganze Umdrehung und beobachten Sie dabei die Rolle. Wenn es merklich „holpert“, sobald Sie an den Knick kommen, dann ist das für den Augenblick normal und liegt daran, dass die Rolle ein Ende des Langlochs berührt. Wir korrigieren das später.

Nun verstehen Sie auch den merkwürdigen Knick des Langlochs: Die größte Kraft wird der Stanze dann abverlangt, wenn die Klinge nach Durchstoßen des Papierstapels die Klammer zudrückt. Arbeit entspricht dem Produkt der Kraft längs des Weges, wenn Sie Sir Isaac Newton glauben wollen. Also muss der Hebel, gerechnet auf eine fixierte Winkeldifferenz des Exzenters, in der Phase der größten Kraft auch den kleinsten Weg zurücklegen – und das ist auch genau der Fall (Abb. 3.25)!

Abb. 3.25: Experimentelle Mechanik: Der Schlitten legt während der „Stanz-Phase“ den kleinsten Weg zurück

  • Wenn alles klappt, speichern Sie den Hefter.
  • Versuchen Sie dann probehalber, Ex Rolle über deren Kontext-Symbolleiste auf die Konfiguration Standard zurückzustellen (Abb. 3.26).

Abb. 3.26: Umschalten der Konfigurationen mit der Kontext-Symbolleiste

Wenn SolidWorks nichts zu beanstanden hat, dann lassen Sie es so, wie es ist: Sie haben gewonnen.

  • Wenn allerdings jede Menge gelbe Warndreiecke im FeatureManager erscheinen, dann müssen Sie zur Behelfskonfiguration zurückkehren und, da Sie nichts rückgängig machen können, den Hefter schließen und neu laden.

3.5 Beautiful creations: Der Mechanismus wird getunt

Jetzt hatten Sie sicher gedacht, das Thema Top-Down hätten wir endlich durch, nicht wahr?

Aber wenn Sie den Mechanismus bewegen, indem Sie am Exzenter ziehen, dann stellen Sie mehrere unschöne Überschneidungen in der Stanze fest. Abb. 3.27 zeigt drei davon, die die Klinge und den Schlitten, die Stanzplatte und das Magazin betreffen.

Abb. 3.27: Disaster Area: Die drei Unpässlichkeiten der Stanze

Es gibt aber noch eine vierte, die Sie vorhin schon zu spüren bekamen: Das mittlere Langloch des Hebels kollidiert mit St Führung Rolle, also der Aufhängung des Hebels selbst. Dies war auch für das Rucken verantwortlich.

  • Die Ansichten zur Bearbeitung des Mechanismus erzeugen Sie, indem Sie alles außer dem Schlitten, der Führung, dem Hebel, Ex Konter aus dem Exzenter, der Stanzplatte, Ar B Oberteil des Magazins und deren angehörige Achsen und Buchsen ausblenden.
  • Schneiden Sie dann der Länge und Höhe nach, hier aber nur die Führung, Schlitten Korpus bzw. Knagge sowie die Stanzplatte.

Abb. 3.27 lässt sich so interpretieren, dass der Hub des Schlittens zu groß und außerdem um etwa einen Millimeter nach oben verschoben ist. Wie korrigieren wir dies mit minimalem Aufwand, ohne sämtliche Teile des Mechanismus umarbeiten zu müssen?

Nun, wenn wir – wieder Newton – das Hebelverhältnis Kraft-/Lastarm vergrößern, dann sinkt der Hub des Schlittens:

  • Hierzu müsste also das Hauptlager der Führung in Richtung Schlitten verschoben werden,
  • entsprechend müsste das mittlere Langloch des Hebels folgen, um Kollisionen zu vermeiden.
  • Die generelle Höhenkorrektur realisieren wir durch Verändern des zentralen Schlitzes der Klinge.
  • Abschließende Korrekturen können wir über die Führungsnase des Magazins anbringen, die ebenfalls etwas zu hoch steht.

Gehen wir der Reihe nach vor, wobei Sie in der folgenden, stark vereinfachten Konfiguration des Hefters die Maße einfach durch Doppelklick auf die Flächen editieren können (Abb. 3.28).

  • Öffnen Sie in der Komponente St Führung die Bohrskizze von Bo Hauptlager (Hebel) und löschen Sie die Vertikalbeziehung des Punktes. Setzen Sie seinen Horizontalabstand, vom Exzenter aus gesehen, auf 18 mm und seine Höhe vom Ursprung aus auf 35 mm.

Abb. 3.28: Kleiner Kreis: Die Korrektur der Schlitten-Führung

Die kinematischen Eigenschaften des Mechanismus finden Sie sehr leicht durch Ziehen am Exzenter heraus. Wenn die Bewegung stockt bzw. bestimmte Positionen übersprungen werden, dann liegt eine Kollision zwischen dem Hebel und seiner Aufhängung vor – das Langloch muss also angepasst werden:

  • Führen Sie einen Doppelklick auf den Hebel aus. Stellen Sie das Maß 13 des Langlochs auf 13.5 mm ein (Abb. 3.29, Pfeil). Bauen Sie gegebenenfalls neu auf.

Abb. 3.29: Die Korrekturen am Hebel

Dadurch sollte sich der Exzenter frei durchdrehen lassen. Der Hub des Schlittens indessen hat sich merklich verkürzt.

Aber nun schwebt die Klinge zu hoch über der Stanzplatte: Die Dicke einer Klammer beträgt 0,4 Millimeter. Das ist also auch der Mindestspalt, der zwischen der Klinge und dem Steg der Stanzplatte bestehen muss. Das Papier besitzt allerdings auch eine gewisse Dicke, nämlich etwa 0,1 mm pro Lage. Für durchschnittlich 2 bis 3 Blätter wählen wir den Mittelweg:

  • Korrigieren Sie bei der Klinge die Höhe und die Lage des Führungsschlitzes nach Abb. 3.30.

Abb. 3.30: Die Korrekturen an der Klinge

  • Die Führungsnase von Ar B Oberteil sitzt ebenfalls zu hoch. Korrigieren Sie sie gemäß Abb. 3.31. Das Feature ist orange hervorgehoben.

Abb. 3.31: Die Korrekturen am Mitnehmer des Magazin-Oberteils

Damit sollten Klinge, Nase, Stanzplatte und Hebel in keiner Position des Exzenters mehr miteinander kollidieren.

  • Blenden Sie alle Teile wieder ein, indem Sie über das Kontextmenü des obersten Elements im FeatureManager Mit abhängigen Elementen einblenden wählen.
  • Nun drehen sich sogar die Zahnräder mit, bis zurück zu Z0, dem Ritzel.

Der Mechanismus funktioniert. Jetzt wäre es schön, wenn wir auch das Magazin in kinematische Relation dazu setzen könnten: Die Feder des Gegenhalters zieht es beständig nach unten, während die Unterkante im Schlitz der Klinge es bei jeder Aufwärtsbewegung mitnimmt, um den Freiraum zum Einführen des Papierstapels zu erzeugen. Doch leider macht spätestens hier der 3D-Solver schlapp: Zum Einen haben wir nach wie vor keine Federverknüpfung, zum anderen arretiert eine Abstands- oder Breitenverknüpfung zwischen Schlitz und Mitnehmer die gesamte Baugruppe vollständig. Es scheint, als sei dies zu kompliziert. Doch wenn Sie eine neuere Version von SolidWorks verwenden, dann klappt es vielleicht.

3.6 Die Haube

Setzen wir die Haube drauf, dann haben wir’s geschafft:

  • Fügen Sie die Baugruppe HAUBE ein.

Zur Orientierung:

  • Die schräge Aussparung unten soll nach vorne weisen, dorthin also, wo das Papier in die Stanze geschoben wird. Die Innenwände der Haube stehen außerhalb der vier kleinen Poller A H Halter des Referenzteils B BASIS, ihre vier Sperrklinken dagegen greifen in S Halter ein

Wir erledigen dies mit drei Deckungsgleichheiten zwischen dem rechten hinteren Halter von B Oberseite und der entsprechenden Klinke der Haube. Sinn dessen ist, dass dies auch die Urdefinitionen von Klinke und Halter sind:

  • Legen Sie eine Schnittansicht hoch und längs durch den Hefter. Verknüpfen Sie die rechte Innenwand der Haube deckungsgleich mit der anliegenden Außenfläche des Halters. Im nebenstehenden Bild ist die Innenwand der Haube schwach hervorgehoben und die Gegenfläche durch einen Pfeil markiert.
  • Verknüpfen Sie ferner die untere Kante der Haube deckungsgleich mit dem Oberteil des Bodens.

Technisch korrekt wäre natürlich, die Innenseite des Klinkenhakens mit der Innenseite von B Oberteil zu verbinden, aber gehen wir einfach davon aus, dass die Klinken funktionieren.

  • Schieben Sie die Haube in Längsrichtung aus dem Bodenteil und verknüpfen Sie die hintere Stirnfläche der Klinke deckungsgleich mit der anliegenden Leibungsfläche von S Halter.

Die Haube liegt nun so weit hinten, dass sie über den Radius des Bodenteils hinaus steht und eine Lücke bildet. Erinnern Sie sich noch, dass wir die Haube und ihren Auslöser auf derselben Master-Skizze basierten? Das kommt uns jetzt zugute:

  • Öffnen Sie die Bauteile H MASTER HAUBE, H HAUBE und H AUSLÖSER. Verkürzen Sie in H MASTER HAUBE, Grundriss den Abstand der Rechtecke 22 auf 19 mm. Speichern Sie das Teil.
  • Schalten Sie nacheinander auf H HAUBE und H AUSLÖSER um und stellen Sie sicher, dass diese Teile fehlerfrei aktualisiert werden. Tun Sie das Gleiche dann in der Baugruppe HAUBE. Speichern und schließen Sie alle diese Teile.

Hierauf rückt die Haube schließlich im Hefter nach vorne. Zu weit allerdings für die Klinken, also ziehen wir deren Ebene um den gleichen Betrag zurück:

  • Ein Doppelklick auf die Referenzebene E Klinke in H Haube, und Sie können deren Abstand 24 auf 21 mm reduzieren. Dies können Sie wieder kommod von der Baugruppe Hefter aus erledigen. Bauen Sie dann neu auf.

Die Klinke selbst ist zu kurz für das Rechteck-Loch des Oberteils:

  • Verlängern Sie in H Haube das Feature A Klinke von 5 auf 5.8 mm, um nur noch etwas Spiel zu lassen (Abb. 3.32).

Abb. 3.32: Anpassen der Klinken-Länge, hier in einer Schnittansicht

Nach einem Neuaufbau sollte fast alles wieder im Lot sein – die Haube schließt hinten sauber mit dem Radius des Bodenteils ab (Marginalbild), die Taste der Haube übernimmt harmonisch deren Kurve, die Klinken passen sich sauber in das Oberteil der Bodengruppe ein, und die Haube steht vorne nicht über, wo sie dem Papier in die Quere käme (Abb. 3.33).

Abb. 3.33: Der Auslöser soll auch nach der Änderung die Rundung der Haube übernehmen

Es fällt nur auf, dass die Klinken etwas zu dick sind:

  • Legen Sie eine Schnittansicht hoch/quer durch die hintere, rechte Klinke.
  • Öffnen Sie in H HAUBE die Skizze Sk Klinke. Passen Sie Breiten- und Höhenmaß der berührenden Flächen entsprechend an (Abb. 3.34, Kästen).

Abb. 3.34: Anpassen der Sperrklinken

Damit sitzt endlich die Haube. Nur ihr blauer Auslöser überschneidet sich mit seinem grünen Gegenstück der Arretierung. Dies sollten Sie aber nicht restlos beheben, denn in Wirklichkeit wird die Taste aufgrund ihres Eigengewichts und ihrer dünnen Feder unschön herabbaumeln, wenn sie nicht etwas Abstützung erhält:

  • Ändern Sie die Breite der Spitze von Sk Basis des Features A Basis von Ar Auslöser der Baugruppe Magazin von 2 auf 1.1 mm.

Damit sollten nun alle Kollisionen beseitigt sein.

  • Führen Sie zur Sicherheit je einen Schnitt in Höhe, Breite und Tiefe durch den gesamten Hefter. Suchen Sie aktiv nach Fehlern!

Und damit kennen Sie sämtliche Geheimnisse Ihres kleinen Hefters (Abb. 3.35)!

Abb. 3.35: Es ist getan: Der fertige Hefter!

Kontrollfragen

Wo sind die Nachteile des Bottom-Up-Modellierens zu sehen?

Welches sind die Nachteile der Top-Down-Methode?